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Der Kampf gegen den Verkehrstod

Von Alexandra Grass

Politik

Das Verkehrsministerium tritt nun offensiv in den Kampf gegen den Verkehrstod. Bis 2010 soll die Anzahl der Unfalltoten - derzeit rund 1.000 pro Jahr - um ganze 50 Prozent reduziert werden, bis 2004 immerhin schon um 10 Prozent. Zur weiteren Steigerung der Sicherheit auf Österreichs Straßen hat die zuständige Ministerin Monika Forstinger Mittwochabend bei einem Hintergrundgespräch Details des Nationalen Verkehrssicherheitsprogramms vorgelegt. Vorerst handelt es sich um ein sogenanntes "Startpaket".


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In jenem "Startpaket", für das Experten aus rund 115 Einzelmaßnahmen die effizientesten ausgewählt haben, sind u.a. sowohl neue technische Mittel im Kampf gegen Raser, Erweiterung der Maßnahmen im Kampf gegen alkoholisierte Lenker, Verbesserungen im Bereich von Unfallhäufungspunkten und Schutzwegen sowie die Mehrphasenausbildung, die fix ab 1. Jänner 2003 kommen soll, enthalten. Durch die Einbindung der Länder, der Autofahrerklubs ÖAMTC und ARBÖ, des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV) sowie des Innenministeriums könne laut Forstinger eine breite Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung erwartet werden.

Im Bereich der Jugendlichen sei Österreich laut KfV "absolutes Schlusslicht" in Europa. So starben im Vorjahr 80 Jugendliche im Alter von 18 und 19 Jahren - das sind acht Prozent aller Verkehrstoten - auf heimischen Straßen. Durch die Einführung der Mehrphasenausbildung soll die Zahl dieser Gruppe an Verkehrstoten jährlich um 20 bis 30 zurückgehen. Die Führerscheinausbildung wird also künftig, wie die "Wiener Zeitung" bereits mehrmals berichtete, verpflichtend zwei Feedbackfahrten mit dem Fahrlehrer sowie ein Fahrsicherheitstraining mit psychologischer Schulung beinhalten. (siehe Kasten)

Auch Motorradfahrer werden Neuerungen erfahren: Bereits ab 1. Jänner 2002 wird deren Ausbildung um vier Praxisstunden erweitert. Ab 2003 wird auch hier die Mehrphasenausbildung - in entsprechend abgeänderter Form - ermöglicht.

Section Controls für den Kampf gegen Raser

Im Kampf gegen Raser ist die Einführung so genannter Section Controls geplant. Diese technische Einrichtung ermöglicht die Ermittlung der Durchschnittgeschwindigkeit auf einer bestimmten Strecke. Auf Hollands Autobahnen wurde dieses System bereits erfolgreich erprobt. So sei die Zahl der Unfälle auf jenen Strecken - die gemessenen Abschnitte haben eine maximale Länge von drei Kilometern - um 25 Prozent zurückgegangen. Hierzulande soll die Section Control vor allem bei Baustellen und Tunnels zum Einsatz kommen. Positive Effekte: Erstens würden die Autofahrer zwischen den Messpunkten gemäßigter fahren. In zweiter Linie führe diese Maßnahme zur Reduzierung von Staus um 40 Prozent.

Ebenso wird alkoholisierten Lenkern der Kampf angesagt, wie Forstinger betonte. Künftig sollen bei Unfällen mit Personenschaden alle beteiligten Lenker einem Alko-Test unterzogen werden. Auch in Sachen Drogen am Steuer will die Ministerin aufgrund von Ergebnissen aus Pilotversuchen "noch einmal einen Vorstoß" wagen.

Bewusstseinsbildung, aber auch höhere Geldstrafen

Obwohl es sehr wohl auch zu höheren Geldstrafen kommen werde, will Forstinger aber vor allem auf Bewusstseinsbildung setzen. Denn, man "kann das mit Geld alleine nicht regeln" - kurzfristig jedoch wohl auch nicht alleine mit Bewusstseinsbildung. Vor allem zwei Gruppen von Verkehrssündern werden also tiefer in die Börse greifen müssen. Gurtmuffel etwa werden statt 100 künftig 300 Schilling zu berappen haben. Auch für die Missachtung der Haltepflicht vor Schutzwegen wird die Mindeststrafe von 500 auf 1.000 Schilling erhöht.

Immerhin könnte durch eine höhere Anlegequote die Zahl der Getöteten im Straßenverkehr um 10 Prozent verringert werden, verteidigte Forstinger diese Maßnahme. Während bei Unfällen im Jahr 1999 rund neun Prozent der nicht angeschnallten Lenker getötet wurden, war es bei den angeschnallten laut KfV nur ein Prozent. Trauriges Detail am Rande: Mehr als 50 Prozent aller Kinder verunglücken, weil sie falsch oder nicht angegurtet sind. Unsere deutschen Nachbarn seien hier disziplinierter: Bereits 95 Prozent aller Pkw-Lenker sind angeschnallt - in Österreich gerade einmal 75 Prozent.

Undiszipliniertheit wirft Forstinger den Autofahrern auch im Bereich der Schutzwege vor. Hier gelte in jedem Fall die Anhaltepflicht, sobald ein Fußgänger die Absicht bekundet, die Straße überqueren zu wollen. Insgesamt 25 Prozent aller Unfälle mit Fußgängern passieren auf Schutzwegen.

400 Mill. Schilling für verbesserte Infrastruktur

An 400 Mill. Schilling bedarf es, um Unfallhäufungspunkte, die sich aufgrund baulicher Fehlplanungen ergeben haben, zu korrigieren, wie Forstinger berichtete. Beim Bau neuer Straßenprojekte soll künftig mehr auf die Verkehrssicherheit geachtet werden. Es soll sogenannte "Safety Audits" geben, an denen Sicherheitsexperten des Ministeriums oder des Landes dabei sein werden. Auch in die bessere Beschilderung von Autobahnauffahrten, um Geisterfahrern vorzubeugen, sollen in den kommenden drei Jahren insgesamt 90 Mill. Schilling investiert werden. Eine teilweise Refinanzierung sieht die Ministerin hier durch Sponsoring gegeben.

Noch vor Weihnachten soll das "Startpaket" nach Akkordierung mit dem Innenministerium in den Ministerrat gehen. Die einzelnen Maßnahmen sollen schließlich nach dem parlamentarischen Procedere schrittweise durch entsprechende Gesetzesnovellierungen umgesetzt werden.