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Der Kampf mit der Freiheit

Von WZ-Korrespondentin Regine Reibling

Politik

Uruguay hat sechs ehemalige Guantanamo-Häftlinge aufgenommen. Das neue Leben fällt ihnen schwer.


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Quito/Montevideo. (ce) Fast 13 Jahre saßen sie in Guantanamo auf Kuba ein und haben täglich von Freiheit geträumt. Seit rund drei Monaten sind sechs ehemalige Häftlinge frei und kämpfen mit ihrem neuen Leben in Uruguay. Es ist ein Kampf mit den Folgen der Haft und dem unbekannten Alltag in Freiheit. "In Guantanamo haben wir nur daran gedacht, rauszukommen", sagt Adel bin Muhammad El Ouerghi der Agentur Associated Press. "Hier müssen wir uns um Essen, Kleidung und all diese Dinge kümmern."

El Ouerghi war nach amerikanischen Angaben Spezialist für Sprengstoffe. Allen sechs - vier Syrer, ein Palästinenser und ein Tunesier - wurden Verbindungen zu Al-Kaida vorgeworfen, eine offizielle Anklage gab es allerdings nie. Jahre später wurden die Männer als nicht mehr gefährlich eingestuft, die Verhandlungen zu ihrer Freilassung begannen.

Uruguays Ex-Präsident José Mujica hatte angeboten, die sechs Häftlinge aufzunehmen - als "humanitäre Geste". Anfang Dezember kamen sie dann in der Hauptstadt Montevideo an. Sie waren glücklich und dankbar, endlich in Freiheit zu sein. Sie wurden in einer Wohnung in einem Mittelklasseviertel untergebracht. Doch mit dem normalen Leben tun sich die ehemaligen Häftlinge schwer. Sie leiden unter den körperlichen und psychischen Folgen der Haft, sprechen in Interviews von Angstzuständen und Konzentrationsschwächen. Hinzu kommt die Sprachbarriere. Keiner der sechs konnte zuvor ein Wort Spanisch.

Die uruguayische Regierung unterstützt die ehemaligen Häftlinge finanziell, sie bekommen nach eigenen Angaben rund 600 Dollar monatlich. Die Kosten für die Wohnung übernimmt eine Gewerkschaft. Die Regierung hatte den Männern auch Arbeit angeboten, Stellen als Koch und auf dem Bau. Doch die sechs erschienen nicht, was im Februar großes Aufsehen in Uruguay auslöste. Mujica zeigte hingegen Verständnis. Er hatte die Männer kurz vor seinem Amtsende besucht. "Sie tragen die Konsequenzen von fast 13 Jahren in Isolation in unwirtlichen Zuständen", sagte er.

In Zukunft aber, so betont etwa Ex-Häftling El Ouerghi, möchte er arbeiten. Der Tunesier kann sich vorstellen, ein arabisches Restaurant mit traditionellen Speisen zu eröffnen. Ein solches habe er in Montevideo nämlich noch nicht gefunden.