Wirtschaftsbund will Mehrheit in WKO halten. Unos kämpfen um Einzug und enttäuschte Wirtschaftsbund-Wähler.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Für den Wahlkampfauftakt zur Wirtschaftskammer-Wahl (WKO-Wahl) Ende Februar hat sich der Wirtschaftsbund Wien prominente Unterstützung von ganz oben geholt. Bei der Wahlveranstaltung am Montagabend in der Wiener Stadthalle treten kein geringerer als Vizekanzler Reinhold Mitterlehner - er kommt selbst aus dem Wirtschaftsbund - und Finanzminister Hans Jörg Schelling auf. Es geht darum, die absolute Mehrheit im Wirtschaftsparlament zu verteidigen. Der ÖVP-nahe Platzhirsch hat vor allem in Wien starke Konkurrenz.
Zu den Klängen von "The Eye of the tiger" verspricht Schelling "mit Boxhandschuhen" (diese hat er von Vorgänger Michael Spindelegger bekommen, Anm.) gegen neue Steuern zu kämpfen. Die rund 1000 anwesenden Unternehmer jubeln. Hier gibt es keine Anhänger von vermögensbezogenen Steuern. Walter Ruck, Landesgruppenobmann des Wirtschaftsbunds Wien, bezeichnet sie als "Umverteilungswahn, der um sich zieht wie eine Grippe".
Vizekanzler Mitterlehner versprach, den Bürokratieabbau voranzutreiben und entschuldigte sich gleich für die neu entflammte Diskussion um das totale Rauchverbot in Lokalen. Damit haben vor allem die Gastronomen und Gasthausbetreiber unter den Wirtschaftsbund-Anhängern wenig Freude. "Wir haben die schlampigste Regelung gemacht", sagt Mitterlehner. Der Mittelweg habe nicht funktioniert und es sei Zeit für ein totales Rauchverbot. Gleichzeitig will er Unternehmen, die in den Umbau investiert haben, entschädigen.
Schanigärten und Tourismuszonen
Für Wien fordert der Wirtschaftsbund "flexible Öffnungszeiten" - damit ist die Sonntagsöffnung gemeint - in bestimmten Tourismuszonen. Außerdem sollen Schanigärten ganzjährig betrieben werden dürfen und ein besseres Umfeld für Start-Ups geschaffen werden. Christoph Leitl, seit dem Jahr 2000 Wirtschaftskammer-Präsident und Chef den Österreichischen Wirtschaftsbunds, forderte einmal mehr einen Abbau an bürokratischen Bestimmungen und niedrigere Lohnnebenkosten.
Wien möchte der Wirtschaftsbund zu einer Weltstadt machen. Die Transsibirische Eisenbahn soll etwa mittelfristig bis Wien fahren und der Flughafen soll um eine dritte Piste reicher werden. Davon erhofft man sich mehr Warenverkehr und die Verankerung der Stadt als Drehkreuz zwischen West- und Osteuropa.
Der Wirtschaftsbund dominiert die WKO. Seit der letzten Wahl 2010 hält er 6679 von insgesamt 9191 Sitzen im Wirtschaftsparlament (siehe Grafik). Und auch für die kommende Wahl scheint die absolute Mehrheit in den Bundesländern zementiert. In Niederösterreich etwa, dort war der Wirtschaftsbund im Jahr 2010 am stärksten, hält er 78,6 Prozent der Stimmen. Nur in Wien könnte es schwierig werden, die absolute Mehrheit von derzeit 50,3 Prozent zu halten.
Pinke Konkurrenzund sinkende Wahlbeteiligung
Heuer sind 486.674 Kammermitglieder wahlberechtigt. Die Fraktionen treten in 857 Fachgruppen an und kämpfen um 8905 Mandate. Der Wirtschaftsbund und der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband stellen, zumindest in Wien, in allen Fachgruppen und Sparten Kandidaten auf. Die endgültige Fraktionsliste und die Anzahl der Kandidaten werden am 2. Februar bekannt gegeben.
Die etablierten Fraktionen bekommen erstmals Konkurrenz von den Neos. Diese treten mit ihrer Fraktion "Unternehmerisches Österreich" (Unos) in sieben Bundesländern an. Für die Wahl konnten sie 300 Kandidaten mobilisieren. 150 von ihnen treten in Wien in 33 Fachgruppen an. Sepp Schellhorn, Wirtschaftssprecher der Neos, war im Dezember zwei Wochen lang auf Imagetour und hat 50 Betriebe in ganz Österreich besucht, um zu mobilisieren. Außerdem fordern die Unos als einzige Fraktion die Abschaffung der Pflichtbeiträge für WKO und Arbeiterkammer und wollen eine freiwillige Mitgliedschaft. Damit punkten sie vor allem bei kleinen Unternehmen und Nichtwählern.
Besonders in der Sparte Information und Consulting rechnen die Unos mit Stimmen. Aus diesem Eck kommt Parteichef Matthias Strolz. Aber auch im Handel und im Tourismus rechnen sich die Unos gute Chancen aus. Erstmals dabei ist auch die parteiunabhängige Interessenvertretung Freemarkets.at, die in Wien, Niederösterreich und Salzburg antritt. Die Unos und kleinere, unabhängige Fraktionen wollen vor allem bei enttäuschten Wählern und Nicht-Wählern punkten. Die Wahlbeteiligung lag bei der letzten Wahl bei 41 Prozent. In Wien ist gar nur ein Drittel der wahlberechtigten Unternehmer zur Urne gegangen.
Mittlerweile sind 57 Prozent der Kammermitglieder Ein-Personen-Unternehmen (EPUs). Diese sprechen die Unos gezielt an, ebenso enttäuschte Wirtschaftsbund-Wähler. Hier geht auch die Grüne Wirtschaft gezielt auf Stimmenfang. Sie kandidiert bundesweit mit 1400 Kandidaten in 66 Fachverbänden.
Mobilisierung inallen Sparten
Um bei der kommenden Wahl die Absolute nicht zu verlieren, hat der Wirtschaftsbund vor allem in Wien stark mobilisiert. Hier treten 1700 Kandidaten in allen Sparten und Fachgruppen an. Das sind so viele wie noch nie zuvor und weit mehr als andere Fraktionen mobilisieren konnten. Von ernst zu nehmender Konkurrenz will beim Wahlkampfauftakt niemand sprechen. Allerdings gibt es immer wieder Seitenhiebe, vor allem in Richtung Neos. "Die schneiden sich mit der Abschaffung der Pflichtbeiträge ins eigene Fleisch", sagt ein Bundsmitglied.