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Der Kampf ums Zimmer

Von Bettina Figl

Politik
Klein, aber sauber: Studentin Clara Buchher in ihrem Zimmer im Studentenwohnheim "Haus Döbling".
© Haus Döbling

"Bedarf für 600 Studentenheimplätze mehr" und "so viele Anfragen wie nie".


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Wien. Der studentische Kampf um eine Bleibe erinnert an "Germany‘s Next Topmodel": Wie der Traum von der Modelkarriere geht auch jener von der günstigen, zentralen Wohnung für viele nicht in Erfüllung. Wie viele es sind, die zu Unibeginn noch keine Bleibe haben, ist schwer zu sagen. In Wien gäbe es Bedarf für "zumindest 600 zusätzliche Studentenheimplätze", sagt Josef Wimmer, stellvertretender Geschäftsführer der Österreichischen Jugendarbeiterbewegung ÖJAB, die 20 Studentenheime verwaltet, zur "Wiener Zeitung".

"Wir hatten so viele Anfragen wie noch nie zuvor", berichtet auch Hedwig Radauscher vom Afro-Asiatischen Institut (AAI). In dem Studentenheim in Wien-Alsergrund leben rund 100 Studenten einen Steinwurf von Haupt- und Medizinuni entfernt. "Die Lage ist top", sagt Margarete. Die 21-jährige Medizinstudentin steht an der Anrichte und spült die Kaffeekanne. Die 24-jährige Architekturstudentin Alina Trif erzählt: Bevor sie hierherkam, war sie in einer WG. Am AAI schätzt sie neben der Lage die Sauberkeit.

"210 Euro Miete erleichtert das Leben extrem"

Dafür nimmt sie den zwischen 350 und 240 Euro angesiedelten Preis für das Zimmer auf sich, WC und Bad befinden sich am Gang. Im Gegensatz dazu sind die 210 Euro, die Elisa Mayer für ihr 10-Quadratmeter-Zimmer im Haus Oberösterreich in Wien-Josefstadt berappt, ein Schnäppchen. "Das erleichtert mir das Leben extrem", erzählt die Volkswirtschaftsstudentin. Ein Jahr lang musste sie ein Zimmer teilen, bevor sie dieses Einzelzimmer bekam. Denn die 33.400 österreichischen Heimplätze (14.800 in Wien) sind begehrt, fast immer handelt es sich um All-Inclusive-Preise für Internet, Strom, Gas und Reinigung.

Das Wissenschaftsministerium empfiehlt, sich ein Jahr zuvor zu bewerben - doch für Studenten aus Drittstaaten, welche die Bewilligung ihres Visums abwarten müssen, ist das schwierig. Zudem werden Belege absolvierter Lehrveranstaltungen verlangt, und das 27. Lebensjahr darf nicht überschritten werden.

Im Vergleich zu einem WG-Casting ist das jedoch ein Klacks: 80 junge Menschen haben sich in zwei Tagen für das 450-Euro-Zimmer in seiner WG in Wien Leopoldstadt beworben, erzählt Michael Joos, sogar Referenzen wollte man ihm zukommen lassen. In halbstündlich angesetzten Terminen befragte er potenzielle Mitbewohner zwischen 23 und 32 Jahren zu Erwerbstätigkeit und Kochgewohnheiten, bis er sich für einen Kandidaten entschied.

Die Studierendensozialerhebung aus 2011 zeigt: Neun Prozent der Studenten wohnen in einem Heim, 18 Prozent bei den Eltern, rund ein Viertel in einer WG, die Hälfte alleine oder zu zweit mit dem Partner. Dass auch die Suche nach den eigenen vier Wänden kein Zuckerschlecken ist, weiß Andreas Novak zu berichten: Mit Lohnzetteln und Bürgschaft mussten er und seine Freundin vorweisen, dass sie die Miete bezahlen können. Oft bekamen sie die gewünschte Wohnung nicht, weil andere Bewerber eine bessere Zahlungsfähigkeit aufweisen konnten. Fast drei Monate lang haben sie gesucht, bis sie schließlich mittels Makler eine leistbare Wohnung in Wien Leopoldstadt fanden - oder "ein Foto bekamen", wie man bei den Topmodels sagen würde.