Zum Hauptinhalt springen

Der keltische Tiger lahmt

Von Karl Leban aus Irland

Wirtschaft

Erfolgsstory durch Finanzkrise beendet. | Arbeitslosigkeit steigt drastisch an. | Dublin. Jahrzehntelang lief der Wirtschaftsmotor in Irland, dem einstigen Armenhaus Europas, auf Hochtouren. Für den ökonomischen Aufschwung des Inselstaats hatten vor allem großzügige EU-Förderungen und massive Investitionen internationaler Firmen (aufgrund besonderer Steuerzuckerl) gesorgt. 2007 legte das Bruttoinlandsprodukt noch stolze sechs Prozent zu. Doch mit den Zeiten eines unablässig hohen Wachstums ist es inzwischen vorbei.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Finanzkrise hat dem irischen Wirtschaftswunder ein jähes Ende bereitet. Aus dem einst kraftstrotzenden keltischen Tiger ist ein verängstigtes Kätzchen geworden. Angesichts eines tiefen Rutschs in die Rezession - für 2009 wird ein Schrumpfen der Wirtschaft um bis zu neun Prozent vorausgesagt - türmen sich für Irland mehr als für jeden anderen Staat der Währungsunion die Probleme.

Nachdem die irische Immobilienblase vor zwei Jahren geplatzt ist und eine veritable Krise im Bankensektor ausgelöst hat, sind die Baubranche und der Privatkonsum, die zuvor größten Wirtschaftstreiber der grünen Insel, auf Talfahrt. "Die Arbeitslosigkeit ist deshalb rasant im Steigen", so der österreichische Handelsdelegierte in Dublin, Günther Sucher, im Rahmen eines Raiffeisen-Symposiums.

Hohe Arbeitslosenrate

Bereits zu Jahresbeginn hat die Arbeitslosenquote in Irland (4,4 Millionen Einwohner) die Zehn-Prozent-Marke überschritten. Für 2010 wird mittlerweile eine Rate von bis zu 17 Prozent prognostiziert. Laut Sucher sind seit 2007 allein in der Bauwirtschaft 100.000 Jobs verlorengegangen.

Was - vor allem nach den immens teuren Rettungsaktionen für die taumelnden irischen Banken - ebenfalls ausufert, sind das Budgetdefizit und die Staatsverschuldung. Heuer könnte der Abgang im Staatshaushalt auf bis zu zwölf Prozent der Gesamtwirtschaftsleistung explodieren. Im April musste die Regierung ein Notbudget mit drastischen Steuererhöhungen und Sparmaßnahmen bei den Staatsausgaben verabschieden.

Was den früher als "Latinos des Nordens" gefeierten Iren auch noch schwer zu schaffen macht, ist ihr Pensionssystem, das EU-weit zu den schlechtesten zählt und nun ein weiteres Mal umgekrempelt werden muss. Sozialministerin Mary Hanafin erklärte dazu beim Symposium, dass 90 Prozent der Pensionskonten unterdeckt seien und das Gesamt-Minus auf rund 30 Mrd. Euro geschätzt werde.

Mehrheit ohne Anspruch

Hanafin zufolge finden es die Arbeitgeber zunehmend schwierig, die Anforderungen des leistungsorientierten Systems abzudecken. In Irland beträgt die staatliche Pension im Schnitt monatlich nur knapp 1000 Euro. Die meisten Iren haben gar keinen Pensionsanspruch.