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Der Kleinparteien-Hysterie zum Trotz: Am Ende liegen die Etablierten vorn

Von Walter Hämmerle

Analysen

Wahlkämpfern und Kommentatoren sei - in Anlehnung an altbewährtes Jägerlatein - in der derzeitigen Hitze des anlaufenden Wahlkampfs Folgendes empfohlen: Das Fell des Bären erst dann aufteilen, wenn dieser auch erlegt ist. | Führt man sich die Berichterstattung zu Gemüte, könnte man den Eindruck gewinnen, SPÖ, ÖVP und Grüne müssten gar nicht mehr antreten, da für sie die Wahl ohnehin schon verloren sei. Große Gewinner würden demnach - und hier besteht bei den Kommentatoren kaum ein Zweifel - neben der FPÖ die unzähligen Klein- und Kleinstparteien sein.


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Dem Politfrust aufgrund der Koalition sei Dank, müssen diese offensichtlich nur noch auf dem Stimmzettel aufscheinen - und schon stehen die Wähler Schlange. Wenn sich da die selbsternannten Propheten nur nicht täuschen.

Tatsächlich scheint aus heutiger Sicht lediglich der Stimmengewinn der Freiheitlichen eine Bank zu sein - für das BZÖ genauso wie für die Liste Dinkhauser (gleichviel, ob dieser nun nur in Tirol oder doch bundesweit antritt) wird der Einzug in den Nationalrat zur vielbeschworenen Zitterpartie. Schon für das LIF, egal mit welchem Spitzenkandidaten, dürfte sich die 4-Prozent-Hürde bereits als zu hoch erweisen, ganz zu schweigen von all den anderen Listen, die am 28. September auf Stimmenfang gehen wollen.

Natürlich ist auch eine solche Prognose nicht ohne Risiko, aber sie stützt sich immerhin auf die langjährige Logik von Nationalratswahlkämpfen. Und bewegt sich daher auf festerem Grund als statistisch höchst schwindlige 500er-Umfragen, die derzeit kursieren.

Spätestens im September wird nämlich der Wahlkampf wieder zum Zweikampf von SPÖ und ÖVP um den Kanzlerposten, auch wenn der gar nicht direkt zur Wahl steht. Das Duell der beiden Großen wird unweigerlich alle anderen an den Rand drängen. Das ist eine politische Gesetzmäßigkeit, der sich kein Medium auf Dauer entziehen kann - schon gar nicht die größte Medienorgel des Landes, der ORF.

Dafür sorgt nicht nur die Strahlkraft des Duells um die politische Nummer eins im Land. Auch die weitaus größere ökonomische Potenz reduziert in der entscheidenden Wahlkampfphase den Reiz der Kleinen: Die rot-schwarzen PR-Budgets sorgen dafür, dass optisch von anderen Farben nicht mehr viel übrig bleibt.

Neben dieser darwinistischen Auslese kommt - hoffentlich zumindest - noch ein weiterer Faktor hinzu, der die Chancen der Kleinparteien minimiert: Die politische Vernunft der Wähler. Die vergeben ihre Stimme in der Regel immer noch aufgrund einer Kompetenzvermutung - und sei sie auch noch so vage. Und da spielt auch die potenzielle Regierungsfähigkeit eine gewichtige Rolle.