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Der Konflikt zwischen Israel und libanesischer Hisbollah löst Terrorangst in Europa aus

Von Arian Faal

Analysen

In einem TV-Interview zur Lage in der Region wurde Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadi-Nejad vergangene Woche recht deutlich. "Der Vulkan der Wut der Menschen im Nahen und Mittleren Osten steht kurz vor dem Ausbruch. Der korrupte Staat, der Jerusalem besetzt hält, ist der Endpunkt der liberalen Zivilisationen", sagte Ahmadi-Nejad. "Wenn dieser Vulkan explodiert und der Ozean der Wut zu rasen beginnt, dann werden die Schockwellen nicht nur auf die Region begrenzt bleiben."


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Was der Staatschef in Teheran damit andeutet, bereitet europäischen Sicherheitsbehörden erhebliche Sorgen. Der Krieg zwischen Israel und der schiitischen Hisbollah, so deren Befürchtung, könnte sehr bald nach Europa getragen werden. Es wäre Terror im Auftrag Teherans, ausgeführt von der libanesischen Hisbollah. Die Beobachtung der schiitischen Organisationen in den europäischen Metropolen und der Informationsaustausch der EU-Innenminister wurden vorsichtshalber intensiviert. "Die Hisbollah ist Teherans terroristischer Arm", erklärt ein hochrangiger Verfassungsschützer auf Anfrage der "Wiener Zeitung", "und sie ist in Europa, vor allem aber in Deutschland sehr gut aufgestellt." Allein in Nordrhein-Westfalen unterhält die Hisbollah fünf Islamische Zentren, finanziert mit Geldern aus Teheran, betreut durch Angehörige iranischer Konsulate und der Botschaft des Iran in Deutschland. Vermerke deutscher Verfassungsschützer belegen diese Verbindung.

Das Imam-Mahdi-Zentrum in Münster-Hiltrup bezeichnet der Verfassungsschützer als Treffpunkt von Hisbollah-Kadern - nur ein Teil eines von Iran gesteuerten Netzwerkes von Moscheen und Wohlfahrtsverbänden. In Aachen, in Velbert und Rheine treffen sich regelmäßig Hisbollah-Mitglieder. In Berlin observiert der Verfassungsschutz drei schiitische Moscheen. In der Imam-Cafer-Sadik-Moschee im Bezirk Wedding und in der Neuköllner Imam-Reza-Moschee hält die libanesische Hisbollah im engen Zusammenspiel mit Diplomaten der iranischen Botschaft regelmäßig konspirative Treffen ab. Gesteuert wird das systematische Netz der Hisbollah in Deutschland nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes vom Islamischen Zentrum in Hamburg, der wichtigsten schiitischen Moschee in Deutschland. Hier werden auch europaweite Arme der Organisation koordiniert.

Jahr für Jahr besuchen ganze Gruppen reisender Hisbollah-Kader aus dem Libanon die schiitischen Moscheen und touren durch Europa. Nicht allein in seelsorgerischer Absicht, befürchten die Sicherheitsbehörden. "Das sind nicht nur Parteimitglieder der Hisbollah, das sind auch Mitglieder des militärischen Arms der Terrororganisation", unterstreicht der Sicherheitsexperte. Er beklagt, dass die Hisbollah noch immer nicht in Gänze auf der Terrorliste der Europäischen Union steht. Lediglich der militärische Zweig der schiitischen Partei Gottes gilt in der EU seit dem 10. März 2005 als terroristisch.

Knapp 10.000 potentiell gewaltbereite Hisbollah-Aktivisten hat der Verfassungsschutz in Europa ausgemacht. "Wir reden zwar im Moment immer noch nur von einer allgemeinen Gefährdungslage, das könnte aber sehr schnell kippen", ergänzt ein französischer Diplomat.

Je mehr die Lage im Libanon eskaliert, desto unruhiger wird die schiitische Gemeinde auf unserem Kontinent. "Noch gibt es nur Mahnwachen und Demonstrationen. Wenn die Israelis aber beispielsweise den Führer der Hisbollah, Scheich Nasrallah, exekutieren, noch mehr unschuldige Frauen und Kinder umbringen oder sich der Konflikt auf Syrien oder den Iran ausweitet, dann könnten wir den Terror hier in Europa haben", befürchtet der Diplomat.