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Der Kongo steht vor Trümmern einer unglaubwürdigen Wahl

Von Klaus Huhold

Politik

Proteste nach Wahlsieg von Präsident Kabila, internationale Kritik an Votum.


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Kinshasa. Mehr als 20 Kilometer misst die Strecke vom Flughafen in Kongos Hauptstadt Kinshasa bis zur Residenz von Oppositionsführer Etienne Tshisekedi. Im Vorjahr ging der Politveteran diesen Weg zu Fuß ab. Damit trat der 78-Jährige den immer wieder aufkommenden Zweifeln an seiner Gesundheit entgegen.

Nun bereitet Tshisekedi seine Anhänger auf einen langen Marsch vor, wie sein Sprecher am Montag verkündete. Allerdings auf dem politischen Feld. Denn der Jurist will Amtsinhaber Joseph Kabila noch die Präsidentschaft entreißen, obwohl Kabila das Votum laut Wahlkommission mit 49 Prozent der Stimmen gewonnen hat und dadurch im Amt bestätigt wurde. Tshisekedi kam demnach nur auf 32 Prozent. Er spricht aber von Betrug, hat sich selbst zum Sieger erklärt und zu Protesten aufgerufen.

Munition erhält Tshisekedi von internationalen Wahlbeobachtern. Das Carter Center aus den USA bezeichnet die Ergebnisse der Wahlkommission als unglaubwürdig: Denn in der Katanga-Region, wo Kabila populär ist, gab es eine "unwahrscheinlich hohe" Wahlbeteiligung von 99 bis 100 Prozent, wobei fast alle Stimmen an den 40-jährigen Amtsinhaber gingen. In Kinshasa, einer Hochburg der Opposition, gingen hingegen etwa 350.000 Stimmzettel verloren.

Wer tatsächlich das Votum gewonnen hat, lässt sich unter diesen Umständen nur noch schwer klären. Das rohstoffreiche Land, in dem die Bevölkerung bitterarm ist, steht nun vor den Trümmern dieser unglaubwürdigen Wahl. Nach der Verkündung der Ergebnisse wurden in der Nacht auf Samstag bei Ausschreitungen in Kinshasa mindestens vier Menschen getötet. Das Lager von Tshisekedi hat zwar dazu aufgerufen, bei Demonstrationen friedlich zu bleiben. Doch die Stimmung kann jederzeit wieder explodieren. Zumal Tshisekedi auf den Druck der Straße setzt: Eine Anfechtung der Wahl vor Gericht lehnt er ab, da er überzeugt ist, dass die Justiz in den Händen von Kabilas Gefolgsleuten sei. Kabila hat - wenig überraschend - am Montag verkündet, dass er den Ausgang des Votums nicht anzweifle.

Hinter den Kulissen sollen internationale Diplomaten schon versuchen, zwischen Kabila und Tshisekedi zu vermitteln. Das ist kein leichtes Unterfangen, waren sich die beiden doch schon vor der Wahl spinnefeind. Oppositionsanhänger im Exil haben indes auch in Europa gegen die Wahl protestiert. In Brüssel und London kam es zu Ausschreitungen und dutzenden Verhaftungen.