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Der König der ungebügelten Hemden

Von Peter Krobath

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Verena Franke
© Wiener Zeitung

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Meine momentane Wohlstandsverwahrlosung hat mit dem frühmorgendlichen Auftritt eines hübschen jungen Mannes mit frecher Frisur und sympathischem Äußeren begonnen. Läutete Sturm an meiner Tür, grüßte höflich und machte sich sofort - schließlich sind wir hier nicht in der Biografie von Oscar Wilde und meine Ehefrau war auch da - an meinen Fenstern zu schaffen. "Ich dachte, Sie wollten erst in einer Stunde kommen", sagte ich, weil ich in der Regel doch ganz gern in Ruhe dusche. "Ich weiß, wir sind ein bisschen zeitig dran. Aber dafür kommen wir morgen noch früher." Hahaha. Am nächsten Morgen lachte ich nicht mehr. Er hatte den Satz ernst gemeint.

Bedenke Mensch, dass Du Staub bist und wieder zu Staub zurückkehren wirst! Eh klar, und das letzte Hemd hat keine Taschen, eh schon wissen, aber dass die esoterischen Verheißungen meiner strengkatholischen Kindheit bereits zu Lebzeiten wahr werden, das hätte ich mir nie träumen lassen. Früher dachte ich, das Fegefeuer findet erst nach dem Sterben statt. Mittlerweile weiß ich, es geht auch früher. Es ist staubig. Es dauert ewig lange. Und es wird von Minute zu Minute teurer.

Wichtigste Regel, wenn du wildfremde Menschen in deine Wohnung lässt, damit sie wochenlang an deinen Fensterstöcken schmirgeln und schrauben, hämmern und kratzen: Verlasse sofort das Haus und schaue nicht mehr zurück, bis alles wieder schön und sauber ist. Ansonsten geht es dir wie mir: Du wirst zum Wüstenlurch, der unter Staub und Plastik lebt. Alles, was dir in der Wohnung wichtig war, liegt unter dicken Planen begraben. Der Rest ist Dreck.

Alkohol hilft. Aber nur abends. Wer sich frühmorgens in staubige Hosen und ungebügelte Hemden zwängt, weil kein Weg zum Kleiderkasten führt und das Bügelbrett ist auch irgendwie verschwunden, der weiß, dieser Tag wird nicht sein Freund und der nächste höchstwahrscheinlich auch nicht. Vermeiden Sie bitte, mich anzusprechen, falls Sie mich dieser Tage auf der Straße treffen und von meiner gewohnten Eleganz nicht mehr viel übrig ist. Ist nun mal nicht zu ändern. Elvis Presley war der King of Rock n Roll. Richard Lugner ist der King of Peinlichkeit. Ich bin der König der ungebügelten Hemden. Und diese Monarchie wird lange halten. Sagt der Maler. Der ist nach dem Tischler gekommen. Und bis zum Wochenende kriegt er die Fensterstöcke nicht fertig. Aber sicher nicht.