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Der Konkurrent soll’s richten

Von Simon Rosner

Wirtschaft

Statt Firmen-KV soll nun Branchen-KV kommen, doch da redet auch Flyniki mit.


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Wien. Der Kampf um einen neuen Kollektivvertrag für die Beschäftigten der Austrian Airlines zieht sich nun schon seit Jahren. Das Bodenpersonal hat im vergangenen November einem neuen Kollektivvertrag zugestimmt, nicht so das Bordpersonal, das weiterhin verhandelt. Und verhandelt. Und verhandelt. Bis gestern, Freitag, da erklärte der AUA-Betriebsrat, dass er die Verhandlungen verlässt.

Karl Minhard, Chef des AUA-Bordbetriebsrates, bringt sogar eine gänzlich neue Sichtweise in diese ganze Causa ein: "Es gab bisher keine Kollektivvertragsverhandlungen", sagt er zur "Wiener Zeitung". "Bisher war noch nie ein Vertreter der Wirtschaftskammer dabei." Es habe Gespräche gegeben, das schon, zuletzt vor etwa einer Woche, und diese würde man nun nicht mehr weiterführen. Warum? "Ich verhandle keinen Vertrag, der dann keine Gültigkeit hat", sagt Minhard und verweist darauf, dass das Unternehmen vor Gericht den alten Firmen-KV als nichtig erklärte.

Konzern "von den Socken"

Die Austrian Airlines selbst geben sich über den Schritt des Betriebsrats überrascht. Man sei "völlig von den Socken gewesen", sagt Konzernsprecher Peter Thier, als man vom Abbruch der Verhandlungen (oder der Gespräche, je nach Deutungsart) verständigt worden sei.

Die Exitstrategie in dieser doch schon recht verworrenen Causa um ein neues Dienstrecht könnte ein Branchen-KV sein, der dann für alle Luftfahrtunternehmen gültig wäre. Ein solcher wäre auch dem Konzern recht, da man sich seit Jahren einem ungleichen Wettbewerb mit Flyniki ausgesetzt sieht. Auf der einen Seite der einst staatliche Konzern und Monopolist, der sich auch 20 Jahre nach der Liberalisierung im Flugverkehr noch in Umstrukturierungen befindet. Auf der anderen Seite die von Niki Lauda gegründete und mittlerweile an Air Berlin veräußerte Billig-Fluglinie, die ihr Bordpersonal von einer Personalleasingfirma bezieht.

Flyniki entscheidet mit

"Ein Branchen-KV wäre vollkommen in unserem Interesse, aber dieses Thema können wir nicht lösen", sagt AUA-Sprecher Thier. Dazu müsste in erster Linie auch Flyniki bereit sein, das bisher keine besonders große Anstrengungen in diese Richtung erkennen ließ. Die Sprecherin von Flyniki war am Freitag für die "Wiener Zeitung" nicht mehr zu erreichen. Allerdings verhandelt derzeit auch Flyniki mit dem Personal über einen Firmen-KV, den ersten seit der Gründung des Flugunternehmens.

Ein Branchen-KV wäre wiederum Angelegenheit der Gewerkschaft und der Wirtschaftskammer, und dabei gab es bisher, wie auch Minhard bestätigt, eine grundsätzliche Erschwernis. Das Bordpersonal der AUA wird im ÖGB durch die vida, die Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vertreten, jenes von Flyniki von der Gewerkschaft der Privatangestellten. "Dieses Problem wurde ausgeräumt", sagt Betriebsrat Minhard.

Die Befürchtung, dass ein allgemeines Dienstrecht für die AUA-Beschäftigten nachteilig wäre, glaubt Minhard nicht. Das hieße nicht, dass alle gleich viel verdienen würden, der Branchen-KV wäre nur ein Mantelvertrag. "In Deutschland funktioniert das ja auch", sagt Minhard. Billig-Airlines würden dort trotz einem für alle gültigen Rahmenvertrags weniger bezahlen als etwa die Lufthansa, der Mutterkonzern der Austrian Airlines.

Einigung bis Jahresende?

Der ursprüngliche Zeitplan, bis zum Sommer eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat zu schließen, ist jedenfalls durch das Verhandlungs-Aus hinfällig geworden. Ein Branchen-KV könnte sich allerdings bis zum Ende des Jahres ausgehen, glaubt der AUA-Betriebsrat. "Wenn die AUA wirklich will, dann schaffen wir das locker in einem Jahr", sagt er. Der Konzern ist bei diesen Verhandlungen allerdings selbst nur Passagier und auf das Wohlwollen des Mitkonkurrenten angewiesen.

Dass ein neuer Kollektivvertrag, egal ob Firmen- oder Branchen-KV, schlechter ausfallen wird als bisher, ist Minhard bewusst. "Gratis wird er nicht zu haben sein, es wird eine Kraftanstrengung sein", sagt er. Dass dieser für den Konzern aber wohl überlebenswichtig ist, offenbarten die vergangenen Jahre. Trotz einer Auslastung nahe den 80 Prozent schreibt die Lufthansa-Tochter AUA seit Jahren rote Zahlen, allerdings dürfte man 2013 erstmals wieder einen kleinen Gewinn eingefahren haben. Das Jahresergebnis wird in zwei Wochen präsentiert.