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Der Konsument zahlt immer die Zeche

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Zölle sind eine wichtige Geldquelle für die Europäische Union. Ein Schelm, dem dazu Böses einfällt.


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Seit von einem "Handelskrieg" die Rede ist, den US-Präsident Donald Trump (böse) angeblich ausgelöst hat, indem er Zölle auf Waren aus der EU (gut) verhängt hat, greift selbst das europäische Friedensprojekt zu martialischer Rhetorik. Daran ändert auch die Ankündigung nichts, dass die USA der EU zunächst Ausnahmen von den neuen Zöllen auf Stahl und Aluminium gewähren könnten.

Europa brauche "eine wehrhafte Handelspolitik", dröhnte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Damit dürften Juncker und all die vielen anderen Politiker in Europa, die nun Retorsionsmaßnahmen gegen das Reich der Finsternis jenseits des Atlantiks fordern, die Befindlichkeit ihrer Wähler recht gut bedienen. Der gerade bei Deutschen und Österreichern besonders ausgeprägte Antiamerikanismus, dank der Wahl Trumps nochmals extra aufgeladen, findet einen idealen Anlass, es "den Amis" so richtig zu zeigen. Doch wer meint, Trump füge mit seinen Zöllen den armen Europäern grobes Unrecht zu und müsse daher durch "eine wehrhafte Handelspolitik" bestraft werden, beweist damit vor allem eines: einen völligen Mangel an Sachkenntnis.

Denn Faktum ist erstens, dass sich die EU stets deutlich protektionistischer gegenüber den USA verhalten hat als die USA gegenüber Europa. Liefern etwa US-Firmen Autos nach Europa, kassiert die EU happige 10 Prozent Zoll; europäische Autos werden hingegen von den USA nur mit 2,5 Prozent Zoll belegt. So ist es mit den meisten Produkten: Im Schnitt etwas über 5 Prozent Zölle kassiert die EU auf Waren aus den USA, diese hingegen nur 3 Prozent (also fast die Hälfte) auf EU-Waren.

Dass die USA das unfair finden, dürften auch schlichtere europäische Gemüter irgendwie verstehen.

Schwerer wiegt aber, dass "eine wehrhafte Handelspolitik" der EU weniger Trump als den europäischen Verbraucher treffen wird, der diese Zölle ja letztlich bezahlt. Führt die EU höhere Zölle auf Harleys und Kentucky-Whiskey ein, zahlen die Konsumenten dieser feinen Produkte einen höheren Preis. Zölle senken eben letztlich die Kaufkraft der Menschen in jenem Land, das sie verhängt. Je höher nun die EU-Zölle "zur Vergeltung" sind, umso weniger können sich die EU-Bürger dann leisten. Und nicht jeder wird wissen, dass in der EU Zölle direkt in die Kassen der Brüsseler Institutionen fließen, wo sie etwa ein Zehntel des dortigen Budgets ausmachen. Und je höher die Zölle, umso mehr Geld fließt natürlich aus den Taschen der Konsumenten in der EU in deren Kassen.

Eine smarte Antwort auf Trump hat der deutsche Ökonom Hans-Werner Sinn vorgeschlagen: die EU-Zölle nicht zu erhöhen, sondern ganz im Gegenteil weitgehend abzuschaffen. Das würde erstens die Kaufkraft der Bevölkerung stärken, weil Importe aus den USA billiger würden. Das würde zweitens Trump unter Druck setzen, seine Zölle nicht nur nicht zu erhöhen, sondern ebenfalls zu senken. Und das würde drittens den unterentwickelten Staaten vor allem Afrikas helfen, fit zu werden - und Fluchtursachen beseitigen helfen.

Selbst Europas Unternehmen würden davon mittelfristig profitieren. Denn stärkerer Wettbewerb hat sie gerade in Deutschland und Österreich bisher stets dazu gebracht, noch produktiver, effizienter und besser zu werden.