Kollaps häufigster Notfall an Bord. | Akute Thrombose an letzter Stelle. | Bochum. Über lange Zeit waren es gefährliche und sogar tödliche Venenthrombosen vor allem in der Folge von Langstreckenflügen, die das Thema dominierten. Fälschlich, wie ein Wissenschafterteam der Universitäten Bochum, Deutschland, und California Los Angeles (UCLA) nun unter der Leitung von Michael Sand herausgefunden hat.
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Wiewohl viele Fluggesellschaften über keine Aufzeichnungen verfügen, gelang es dem Team, die Daten von 10.189 verschiedenen medizinischen Notfällen in Flugzeugen von 32 Airlines zu untersuchen und auszuwerten.
Demnach ist der Kreislaufkollaps (Synkope, Ohnmacht) die mit 53,5 Prozent (5307 Fälle) bei weitem häufigste Ursache von Flugbeschwerden, gefolgt von gastrointestinalen Störungen (Übelkeit, Erbrechen) mit fast neun Prozent und Herzproblemen mit rund fünf Prozent. Akute Venenthrombosen an Bord machten hingegen nur 0,5 Prozent (47 Fälle) aus, wobei die Wissenschafter aber zu bedenken geben, dass sich diese oft erst nach den Flügen bemerkbar machen.
Verwunderlich ist dies nicht. Wird das Gehirn nicht dauerhaft ausreichend mit Blut (Sauerstoff) versorgt, weil sich das Blut etwa beim langen Sitzen (ebenso wie beim Stehen) in die unteren Körperpartien verlagert, kommt es zu Schwindel und, ohne Gegenmaßnahmen, zu kurzen Zuständen von Bewusstlosigkeit. Mitverursacher ist häufig auch ein Mangel an ausreichender Flüssigkeit.
Hintergrund der Studie, die in der Fachzeitschrift "Critical Care" publiziert wurde, war der Umstand, dass medizinische Notfälle in Flugzeugen - auch wenn sie selten sind - zu erheblicher Verunsicherung bei den anderen Passagieren und der Crew führen können - bis hin zu Implikationen für den ganzen Flug, wenn man etwa an eine kollektive Panik denkt.
Die Wissenschafter fordern nun von den Fluglinien eine generelle, standardisierte Aufzeichnung aller medizinischen Notfälle, um größere Studien durchführen zu können. Die derzeitige Datenlage sei unzureichend, um jetzt schon Schlüsse ziehen zu können, etwa welche Notfalleinrichtungen es in Flugzeugen geben sollte und auf welche Schwerpunkte hin das Kabinenpersonal besonders geschult werden müsse.
Eines steht aber bereits laut Studie fest: Längst nicht alle Flugzeuge sind bereits mit dem wichtigsten Notfallgerät im Fall von Herzattacken ausgestattet, dem Defibrillator. Sand gibt hierzu zu bedenken, dass Herzstörungen immerhin die dritthäufigste Ursache aller Notfälle darstellen.