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Der Krieg geht, die Gewalt bleibt

Von Klaus Huhold

Politik

Männerorganisationen kämpfen gegen | männliche Brutalität an.


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Wien. Es war ein Martyrium, dass zehntausende, wenn nicht gar hunderttausende Frauen in Liberia während des Bürgerkrieges erleiden mussten. Soldaten fielen in Dörfer ein, schlugen und vergewaltigten ihre Opfer, und das oft über Wochen mehrmals am Tag. Es machte keinen Unterschied, ob es sich bei den Angreifern um Regierungssoldaten oder Rebellen handelte, beide Seiten waren brutal und rücksichtslos. In bewaffneten Konflikten "werden Frauenkörper zu Schlachtfeldern der kämpfenden Gruppen", sagte einmal die ehemalige finnische UNO-Sonderbeauftragte für Bosnien-Herzegowina, Elisabeth Rehn. In Liberia zeigte sich das nur allzu deutlich.

In dem westafrikanischen Land wurden, wie in anderen Konfliktregionen auch, Vergewaltigungen als Kriegswaffe eingesetzt: Damit sollte die Bevölkerung eingeschüchtert, die Gegenseite erniedrigt und Menschen aus ihren Heimatgebieten vertrieben werden.

Rund 14 Jahre lang herrschte in Liberia ein von ethnischen Rivalitäten und der Gier nach Diamanten angefachter Bürgerkrieg. 2003 wurde ein Friedensabkommen unterzeichnet. Der berüchtigtste der Warlords, Ex-Präsident Charles Taylor, dessen Milizen für unzählige sexuelle Übergriffe verantwortlich sind, muss sich mittlerweile vor einem UN-Gericht wegen Kriegsverbrechen verantworten. Doch auch in Friedenszeiten sind Verhaltensmuster aus dem Krieg nicht verschwunden.

So werde die "Strategie" der Vergewaltigung noch immer angewendet, berichtete bei einem vom "Wiener Institut für Internationalen Dialog und Zusammenarbeit" (Vidc) organisierten Hintergrundgespräch die Autorin Rita Schäfer, die die vom Vidc herausgegebene Studie "Männer als Täter und Opfer in kriegerischen Konflikten" erstellt hat. Eine ganze Generation junger Männer und ehemaliger Kindersoldaten hat nichts außer Krieg und Gewalt kennengelernt und in dem armen Land keine Arbeit und keine Perspektiven.

Männer wollen die Gewaltspirale durchbrechen

Doch genau unter diesen jungen Männern, die früher Teil des Systems waren, gibt es auch welche, die diese brutale Tradition beenden wollen. "Sie sagen sich: Wir sind Familienväter oder wollen welche werden, wir müssen unser Verhalten als Männer ändern, wir müssen diese Gewaltspirale durchbrechen", erläutert Schäfer. Es sind dies oft kleine NGOs, die in ihren Gemeinden versuchen, eine Bewusstseinsveränderung herbeizuführen.

Und nicht nur in Liberia, auch im Nachbarland Sierra Leone, das ebenfalls einen Bürgerkrieg erlebt hat, gibt es derartige Organisationen. Im Idealfall arbeiten sie mit Frauengruppen oder auch mit Organisationen, die im Kampf gegen Aids involviert sind, zusammen.

"Wir haben global ein massives Problem mit von Männern ausgeübter Gewalt", betont der Südafrikaner Dean Peacock. "Doch immer mehr Männer verstehen, dass sie etwas dagegen unternehmen müssen."

Peacock ist Direktor der südafrikanischen Organisation Sonke Gender Justice Network, die in verschiedenen afrikanischen Ländern NGOs, die gegen Männergewalt vorgehen, unterstützt. Neben der Basisarbeit dieser lokalen Zusammenschlüsse muss es aber weitere Maßnahmen geben, sind Schäfer und Peacock überzeugt.

Es braucht Gesetze und Aufklärungsarbeit

So braucht es Gesetze gegen sexuelle Übergriffe, wie sie in Liberia nach dem Krieg unter der Präsidentin und Friedensnobelpreisträgerin Ellen Johnson Sirleaf verabschiedet wurden. Unter Staatsbediensteten, etwa unter Polizisten und Richtern, muss ein Bewusstsein herrschen, dass Vergewaltigungen kein Bagatelldelikt, sonder ein schweres Verbrechen sind.

Zudem können Medien, etwa lokale Radiostationen, viel Aufklärungsarbeit leisten. Und es braucht verantwortungsvolle Politiker, die sich des Problems bewusst sind und dieses in ihren öffentlichen Aussagen nicht herunterspielen.