Manche europäische Zeitungen versuchen, ihre Auflagen zu steigern, indem sie die umstrittenen Mohammed-Karikaturen nachdrucken. Das ist genauso unerquicklich wie die dänischen Rechtspopulisten, die mit diesen Karikaturen Politik machen wollen. Zumindest unehrlich sind sogenannte Intellektuelle, die bei Anti-Jesus-Karikaturen linker Zeichner groß die Meinungsfreiheit verteidigen, bei Anti-Mohammed-Zeichnungen rechter Urheber hingegen nur den Mund über deren angeblich minderwertige Qualität verziehen. Am schlimmsten sind jene Diktaturen, die ihre sonst unter Maulkorbzwang stehenden Bürger mit einigen alten Zeichnungen aufhetzen, um davon abzulenken, dass sie selbst unter Verdacht stehen, Atomwaffen zu entwickeln oder fremde Politiker zu ermorden.
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Der Karikaturen-Konflikt legt aber nicht nur die moralische Verkommenheit (um es zum Geburtstag Thomas Bernhards theatralisch zu formulieren) einiger Akteure offen. Er entblößt auch prinzipielle Defizite der westlichen Politik. Kaum jemand erkennt, dass der Krieg der Zivilisationen, dass eine geschlossene Attacke auf die aufgeklärte westliche Wertewelt längst in Gang ist. Vielmehr freuen sich viele klammheimlich, wenn es nicht das eigene, sondern ein anderes Land trifft, gegen das man dann immer gleich ein Vorurteil parat hat. Einmal sind die Dänen das Ziel, einmal die Spanier, einmal die Amerikaner, einmal die Briten, einmal die Deutschen, einmal die Niederländer, einmal katholische Priester, und immer wieder Israel. Von den nichtwestlichen Zielen dieses Terrorismus von Indien über die Philippinen bis Ägypten und Russland ganz zu schweigen.
Fast nie gibt es geschlossene Solidarität aller gegen die islamistisch motivierte Gewalt. Fast immer bekommen Entführer Lösegeld. Fast immer hält man die Opfer des Terrors irgendwie für selbst schuld. Nicht einmal Harald Schmidt, dem sonst nichts heilig ist, traut sich noch Islam-Scherze zu machen. Feigheit regiert. Irgendwie hat die Aggression schon gewonnen. Zurückweichen vor Terrorismus ermutigt aber immer zum nächsten Angriff.