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Der Krieg um Teherans Erbe hat begonnen

Von WZ-Korrespondent Arian Faal

Politik

Khamenei angeblich "schwer krank". | Konservatives Lager tief gespalten. | Teheran. Die Wahlen im Iran heute, Freitag, werden von vielen Beobachtern nicht zu Unrecht als "doppelte Schicksalswahlen" bezeichnet. Einerseits steht das Erbe des mächtigen, aber scheinbar schwerkranken 67-jährigen Revolutionsführers Ayatollah Ali Khamenei und seine Nachfolge auf dem Spiel; Krebsgerüchte kursieren schon seit längerem, in den letzten Tagen haben sich die Wortmeldungen dazu aber gehäuft.


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Andererseits geht es um harte Flügelkämpfe im Lager der Konservativen, um den Kampf zwischen jenen grauen Eminenzen, die als Weggefährten Ayatollah Khomeinis über zwei Jahrzehnte zum Führungsstab des Gottesstaates gehörten und inzwischen mehrheitlich moderat geworden sind. Dazu zählen mächtige Männer wie Ex-Präsident Ali Akbar Hashemi-Rafsanjani.

Parallel dazu gibt es jene Gruppen, die der zweiten Generation angehören, die über lange Jahre hindurch im Krieg gegen den Irak an vorderster Front gekämpft und die meisten Opfer gebracht haben. Letztere erheben immer lauter Anspruch auf die alleinige Macht.

Die soziale Keule

Diese Gruppen, zu denen auch Präsident Mahmud Ahmadinejad gehört, verlangen die Rückkehr zu den Ursprüngen der Revolution und werfen der alten Garde Verrat an den Zielen und Idealen der Revolution vor. Auch fordern sie eine "neue soziale Gerechtigkeit" im Iran und insbesondere eine Umverteilung zugunsten der Armen.

Nach dem Sieg dieser "Kämpfer für den gerechten Iran" bei den Kommunalwahlen 2003 schlugen sie im Jahr darauf auch die Palamentswahlen erfolgreich und fixierten ihre Macht mit dem Sieg ihres Helden Ahmadinejad bei den Präsidentschaftswahlen 2005.

Die Bevölkerung für sich gewinnen konnten die Neo-Hardliner vor allem auch mit Korruptionsvorwürfen gegen die alte Garde sowie mit schrillen Parolen gegen Israel und die Vereinigten Staaten. In außenpolitischen Fragen herrscht zwischen beiden Gruppen aber grundsätzlich Einigkeit, sei es in der Frage der iranischen Atompolitik oder in der scharfen Verurteilung des Westens, der es "gewagt" hat, die iranische Exilopposition, die Volksmuddjahedin, von der Liste terroristischer Organisationen zu entfernen.

Nach den Gerüchten um Khameneis Gesundheitszustand rückt die Wahl der Expertenversammlung in den Blickpunkt des Interesses. Dieses Gremium, dessen 86 Mitglieder ausschließlich Geistliche sind, ist für die Wahl und Abwahl des Revolutionsführers zuständig und wird alle acht Jahre gewählt. Bewerben darf sich nur, wer entweder vom Revolutionsführer vorgeschlagen wird oder die Eingangsprüfung durch den Wächterrat (der Vermittlungsinstanz zwischen Regierung und Parlament) erfolgreich bestanden hat.

Die lupenreine Leere

Da Khamenei eine ganze Periode kaum durchhalten dürfte, könnte diese Wahl eine entscheidene Weichenstellung für die Zukunft sein. Darauf spekuliert auch der potentielle Khamenei-Nachfolger und ideologische Ziehvater Ahmadinejads, Ayatollah Mesah Yazdi, der zu den Radikalsten gezählt wird. Sein Credo: Der islamische Staat muss von allen republikanischen Tendenzen gesäubert werden und zum lupenreinen Gottesstaat mutiert werden. Yazdi versucht zur Durchsetzung seiner Ideen die Mehrheit des Expertenrates für sich zu gewinnen, um im Falle des Falles die Nachfolge Khameneis antreten zu können.