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Im Jahr 1999 haben höchste Stellen der US-Verteidigungsbehörden deklariert, dass "die nationale Sicherheit von der erfolgreichen Beteiligung an der Weltwirtschaft abhängt". Seit dieser Aussage bedeutet für die USA nationale Verteidigung nicht mehr länger nur den Schutz der Nation vor einem militärischen Angriff. Wirtschaftliche Herausforderungen werden als Bedrohungen für die nationale Sicherheit angesehen und sind somit ein potentieller Kriegsgrund. "Unsere wirtschaftliche Stärke muss ein zentrales definierendes Element unserer nationalen Sicherheitspolitik werden", sagte Bill Clinton 1992. Und genau das ist geschehen. Die unverhüllte Jagd nach Öl der jetzigen Regierung unter George W. Bush wird zunehmend auch jenen mit einer eingeschränkten Sichtweise klar. Etwa dadurch, dass im Irak keine "Massenvernichtungswaffen" gefunden wurden.
Aber auch jenen, die das neo-koloniale Streben nach Öl gut heißen, entgeht, dass die Wurzeln solcher Vorhaben im Grunde von zwei Parteien ausgehen, den Republikanern und den Demokraten. Es gibt jedoch erhebliche Unterschiede.
Während Clinton nachgesagt wurde, er versuche, potentielle Gefahren abzuhalten, werfen Kritiker Bush vor, er wolle Staaten, die eine Bedrohung darstellen könnten, einnehmen und beherrschen. Mitglieder der Bush-Regierung treten für die "Festigung des Sieges im Kalten Krieg" ein - für die Notwendigkeit einer weltweit "dominanten" Stellung der USA.
Dennoch begann die Verteidigungsspitze die Rolle des Militärs nach dem Kalten Krieg bereits unter Präsident Clinton neu zu definieren. Michael Klare, der US-Experte für internationale Sicherheit, nannte diese militärische Ausrichtung auf wirtschaftliche Interessen, eine "ökonozentrische" Herangehensweise an die US-Verteidigung. Klare betonte auch, dass dies die offizielle Politik wurde, als Clinton das Präsidentenamt übernahm.
Clinton hat jedoch nur die Tür zu dieser Politik geöffnet. Bushs Gefolgsleute waren es jedoch, die in Formation durch diese Öffnung marschierten und damit dem Ausdruck "economic warfare" (wirtschaftliche Kriegsführung) eine neue Bedeutung gaben.
Ein kleiner Rückblick: Die Region um das Kaspische Meer ist reich an Energieressourcen und der trans-afghanische Pipeline Bau läuft nach einem engen Zeitplan. Und dann sind da der Irak und der Nahe Osten, nicht zu vergessen Kolumbien, Venezuela, und ihr Öl. Jetzt hat die Bush-Regierung Syrien wegen seines Verhaltens wiederholt "gewarnt". Die USA wirft Syrien vor, Massenvernichtungswaffen zu besitzen - ähnlich jenen, die sie bis jetzt im Irak nicht gefunden haben. Es klingt verstörend und das soll es auch. Die Bush-Politik wird in zwei Dokumenten ausgiebig dargelegt: Das erste, "Der Wiederaufbau der Verteidigung Amerikas", war ein Bericht des Projektes für ein Neues Amerika (PNAC) aus dem Jahr 2000. Darin wurde argumentiert, dass ein weltweit "dominantes" US-Militär notwendig sei. (Das PNAC ist eine neo-konservative Denkfabrik. Beinahe 40 Prozent seiner Gründungsmitglieder haben höhere Verwaltungsposten inne.)
Das zweite Dokument ist Bushs "Nationale Sicherheitsstrategie", ein Papier zur nationalen Sicherheit, das sich für vorbeugende Militärschläge gegen jene ausspricht, die die US-Interessen gefährden könnten. Darin wird auch eine Politik angesprochen, die darauf abzielt, jedes Aufkommen eines Konkurrenten für die USA, militärisch oder wirtschaftlich, zu unterbinden.
Das PNAC-Dokument beschreibt im Ausland stationierte US-Truppen als "die Kavallerie an der neuen amerikanischen Front". Das unterstreicht, wie Bush die internationalen Rechte und Grenzen der USA sieht.
Wirtschaftliche Kriegsführung - der Kampf um natürliche Ressourcen - war ein Phänomen, das einen großen Teil des militärischen Denkens vor dem Zweiten Weltkrieg bestimmte.
Die Folgen dieser militärischen Taktik waren Kriege um Territorien, die eine Macht glaubte zur Sicherstellung ihrer Ressourcen zu benötigen oder um genau diese einem Rivalen nicht zugänglich zu machen. "Kolonialismus" war einer der Namen, der solchen Bestrebungen gegeben wurde. "Imperialismus" war ein anderer.
Sollten die USA die Kontrolle über Ölreserven am Persischen Golf erlangen, wäre es ihnen sowohl möglich, ihre eigene Nachfrage zu decken, als auch den Zugang zum Öl für etwaige Rivalen - wie zum Beispiel China - einzuschränken.
So könnten sie leicht die Schlinge um konkurrierende Wirtschaftsräume zuziehen. Gleichzeitig kann die Kontrolle über den Zugang zu Öl auch ein Mechanismus sein, um sich die Unterstützung durch "Freunde" zu sichern.
In den letzten Wochen haben eine Reihe von britischen und US-Diplomaten ihre Ämter zurückgelegt und immer wieder tauchte die Frage der Legalität des Irak-Kriegs auf. International wurde der Irak-Krieg immer wieder als völkerrechtswidrig eingestuft - die Parallelen zu einer anderen Ära wurden immer deutlicher.
In einer Rechtsbeschwerde nennen über 200 prominente internationale Anwälte den Konflikt einen "Angriffskrieg" - ein Verbrechen das in den Nürnberger Prozessen geahndet wurde.