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Wie wird sich Josef Pühringer nach der Amtsübergabe in der ÖVP positionieren?
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Linz. Irgendwann ist auch die beständigste Karriere zu Ende. Am 2. März 1995 übernahm Josef Pühringer von seinem Vorgänger Josef Ratzenböck das Amt des oberösterreichischen Landeshauptmanns - am Donnerstag gab Pühringer seinen Rückzug bekannt. Am 6. April wird nun Thomas Stelzer, bisher ÖVP-Bildungslandesrat und Pühringers Stellvertreter, übernehmen. Der Landesparteivorstand entschied dies am Donnerstag einstimmig.
Damit tritt nach dem niederösterreichischen "Landeskaiser" Erwin Pröll der wohl zweitmächtigste ÖVP-Landeschef zurück. Länger als der gebürtige Trauner Pühringer waren nur Pröll und der Oberösterreicher Heinrich Gleißner im Amt. Gänzlich überraschend kommt Pühringers Rückzug nicht. Er selbst hatte nach der - für die ÖVP verlustreichen - Landtagswahl im September 2015 angekündigt, nicht mehr bis zum Ende der Legislaturperiode im Amt bleiben zu wollen. Mit der Regelung seiner Nachfolge ließ sich Pühringer allerdings Zeit - zu lange, wie manche in der Landespartei meinen.
Generationswechsel in der ÖVP
In der Folge entbrannte ein offen ausgetragener Erbschaftskrieg. Der ÖAAB-Mann Stelzer rang mit dem Wirtschaftslandesrat Michael Strugl, der wie ÖVP-Bundesparteiobmann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner dem mächtigen oberösterreichischen Wirtschaftsbund angehört, um das Finanzressort. Dieses hatte, neben den Bereichen Gesundheit und Kultur, der scheidende Landeshauptmann selbst inne. Stelzer bekam 2015 den eigens für ihn geschaffenen Posten des ÖVP-Landeshauptmann-Stellvertreters und setzte sich gegen Strugl als Pühringers wahrscheinlicher Nachfolger durch.
Strugl wird nun Stelzers Stellvertreter und bleibt Wirtschaftslandesrat - seine Kompetenzen werden jedoch erweitert, er darf künftig beim Budget und in der Finanzplanung mitreden. Auch um Wissenschaft, Forschung und Fachhochschulen wird sich Strugl künftig kümmern. Das Kulturressort bleibt beim Landeshauptmann, also bei Stelzer.
Neue Ressortchefin für Gesundheit wird Pühringers enge Mitarbeiterin und Ennser Gemeinderätin Christine Haberlander. Sie erhält zusätzlich die Agenden Kinderbetreuung, Gesundheit und Frauen. Die SPÖ-Landeschefin Birgit Gerstorfer, die bisher das Frauenressort geführt hatte, verliert ihren Posten. Dass sie um das Ressort kämpfen wolle oder zumindest verhandeln, wie Gerstorfer im Vorfeld der Personalrochaden ankündigte, nutzte ihr wenig. Mit der Bestellung Haberlanders löst Pühringer sein Versprechen ein, eine Frau in die Landesregierung zu holen. Schließlich hatte das ausschließlich aus Männern bestehende Regierungsteam nach der Wahl 2015 in der ÖVP und darüber hinaus für heftige Proteste gesorgt, und Pühringer war genötigt, das Frauenressort "leihweise" an Gestorfer zu übertragen.
In der Kompetenzüberschneidung bei den Finanzen zwischen Stelzer und Strugl dürfte durchaus Spannungspotenzial liegen, in keinem anderen Bundesland entscheiden zwei ÖVP-Männer über das Budget, noch dazu zwei aus unterschiedlichen Bünden. Wie Stelzer die oberösterreichische Landespartei positionieren wird, ist noch unklar. Bisher galt der zweifache Vater, dessen Frau als Unternehmerin tätig ist, eher als fleißiger Arbeiter und als zurückhaltend. Als "verankert in unserer christlich-sozialen Weltanschauung" pries Pühringer seinen Nachfolger am Donnerstag, lobte dessen Handschlagsqualität, die "einem Notariatsakt" gleichkomme, und bezeichnete den studierten Juristen als "Vertreter der politischen Mitte". Und diese sei schließlich "immer der Ort der politischen Vernunft". Der neue Landeshauptmann, der in Kürze seinen 50. Geburtstag feiert, steht für einen Generationenwechsel in Oberösterreich. "Die Antworten, die wir bisher gewohnt waren, sind nicht mehr die richtigen", sagte er in seiner ersten kurzen Rede vor der Presse am Donnerstag.
In der Tat sind die Zeiten, in denen die oberösterreichischen Schwarzen ohne Druck von der Konkurrenz Politik machen konnten, vorbei. Die FPÖ fuhr 2015 einen Wahlsieg ein, der sie als ÖVP-Juniorpartner in die Landesregierung katapultierte. Der blaue Landesparteichef und Wohnbaulandesrat Manfred Haimbuchner baute in Oberösterreich erfolgreich ein wirtschaftsfreundliches Image der FPÖ auf, er gilt inzwischen in seiner Partei als neuer wichtiger Kopf mit Zukunftspotenzial. In den Umfragen rückt die FPÖ der ÖVP auf die Pelle. Welche Antworten also wird Stelzer liefern? Was macht seine Persönlichkeit aus?
Als konservativ und streng katholisch wird der ehemalige Jesuitenschüler beschrieben, er gilt als Mitarchitekt der schwarz-blauen Landesregierung. Mit seiner Forderung, auf oberösterreichs Schulen künftig eine Deutschpflicht einzuführen, scheiterte Stelzer zwar, rückte den politischen Diskurs im Land aber deutlich nach rechts. Dennoch: "Mit FPÖ-Populismus hatte Stelzer in der Vergangenheit eigentlich nichts am Hut, ganz im Gegensatz zu Strugl", ist aus dem Umfeld der Landesregierung zu hören. Sich auf das Deutsch-Thema draufzusetzen, sei eher seinem langsam erwachenden Wunsch nach Selbstinszenierung geschuldet gewesen. "Er brauchte wohl einfach ein Thema, das medial gut geht", heißt es auch aus der oberösterreichischen SPÖ. Bisher sei Stelzer "immer als solider christlich-sozialer Politiker" aufgefallen, sagt eine Funktionärin. Manfred Haimbuchner aber werde es sicher "auf ein Match mit ihm" anlegen: schließlich sei Stelzer lange Obmann des Familienbundes gewesen, Haimbuchner aber habe seit 2015 allgemeine familienpolitische Angelegenheiten aus der Aufgabengruppe Bildung und Gesellschaft auf Landesebene über. Konfliktstoff sehen manche Landespolitiker auch mit dem ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer, der als "eitel" gelte, und der sich, wie auch Stelzer, als "dynamisch" sehe.
Hofer: "Stelzer hat Zeit"
Was bedeutet der Wechsel in Oberösterreich für die Bundes-ÖVP? Nicht allzu viel, sagt der Politikberater Thomas Hofer. Im Gegensatz zur Pröll-Nachfolgerin Johanna Mikl-Leitner in Niederösterreich habe Stelzer bis 2021 Zeit, in die Fußstapfen seines Vorgängers hineinzuwachsen, Gewicht auf Bundesebene zu gewinnen und Position zu beziehen, was die FPÖ-Konkurrenz auf Landesebene angeht.
Verliert ÖVP-Bundesobmann Mitterlehner mit Pühringer einen wichtigen Unterstützer? "Der ÖAAB-Mann Stelzer könnte wohl auch mit einem ÖVP-Chef Sebastian Kurz gut leben", sagt Hofer. Zwar gelte auch für Stelzer "Oberösterreich zuerst", seinem Parteichef das Leben schwer zu machen, wie dies der niederösterreichische Ex-Landesrat und jetzige Innenminister Wolfgang Sobotka aktuell betreibe, liege aber nicht in Stelzers Interesse.