Die SPÖ geht in ein hektisches Wochenende, am Montag wird gleich dreimal über Verbleib von Werner Faymann diskutiert.
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Wien. "Für alle, die die Sozialdemokratie schon im Reich der Toten wähnen, mag es paradox klingen, aber an der Basis der österreichischen Sozialdemokratie gibt es nach wie vor viele lösungsorientierte und diskursfähige Menschen, darunter auffallend viele junge Menschen und Frauen. Mehr jedenfalls als in anderen Parteien. Jede Firma würde ein solches Potenzial hegen. In der SPÖ aber tendiert man dazu, darin einen Störfaktor zu sehen", schreibt der Europaabgeordnete Josef Weidenholzer in der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit". Immer mehr führende Funktionäre geben die Schuld daran dem Bundesparteivorsitzenden Werner Faymann, der wie noch nie zuvor um sein politisches Überleben kämpft.
Harte Bandagen der Boulevardzeitungen
Dieser Kampf wird mit durchaus harten Bandagen geführt, vor allem über Boulevardzeitungen, zu denen Faymann seit langem enge Beziehungen pflegt. "Faymann spaltet die Partei, nicht die sogenannten Parteilinken, die er für die aktuelle Diskussion verantwortlich macht", ist von führenden Funktionären zu hören. Aus ÖVP-Kreisen ist zu hören, dass Faymann dem Koalitionspartner signalisiere, er werde im Amt bleiben. Die Chancen standen allerdings schon einmal besser, vor allem die Wiener SPÖ und Michael Häupl sind eher geneigt, Faymann abzulösen. Als Nachfolger werden ÖBB-Chef Christian Kern und der Medienmanager Gerhard Zeiler genannt.
Hinter den Kulissen allerdings findet ein wahrer Ringkampf statt. Faymann sprach mit allen Landesparteien, in Niederösterreich mit Erfolg. Der dortige Parteichef und St. Pöltener Bürgermeister Matthias Stadler sprach sich am Freitag im Ö1-Mittagsjournal für alle anderen gut vernehmbar für den Verbleib Faymanns an der Spitze der Partei aus.
FSG war schon einmal deutlicher für Faymann
"Am besten wäre es, wenn Werner Faymann von sich aus den Weg frei macht, wie damals Alfred Gusenbauer", ist aus Wiener SPÖ-Kreisen zu hören. Am Montag geht es jedenfalls Schlag auf Schlag, bis dahin wollen Befürworter und Gegner Faymanns möglichst viel Boden gut machen. Am Vormittag wird es einen Bundesvorstand der Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) geben. In der FSG kann Faymann auf einige Unterstützer zählen. "Er hat verteilungspolitische Akzente gesetzt, das war unter Gusenbauer und Vranitzky anders", sagte ein hoher Funktionär zur "Wiener Zeitung". Zitieren lassen will sich in der aufgeheizten Stimmung niemand. Wobei in der FSG-Sitzung, so ist zu hören, vor allem inhaltliche Themen angesprochen werden sollen. Es geht um den Arbeitsmarkt, es geht um den Wohnungsmarkt. "Wir müssen hier wieder glaubwürdig werden. Es geht nicht zu sagen, leistbares Wohnen ist wichtig, aber dann weniger Wohnungen zu bauen", sagte einer aus der FSG - in Richtung Wien gemünzt. Allerdings gibt es - vor allem aus den Gewerkschaften, deren Mitglieder im ungeschützten Sektor tätig sind (Metaller, Bau, GPA) - auch heftige Kritik an Faymann. "Wir müssen die Bedeutung der Industrie für die heimische Wirtschaft stärker akzentuieren", ist von dort zu hören.
Josef Weidenholzer in seinem "Zeit"-Gastbeitrag: "Seit ich mich erinnern kann, werden von den eigentlich entscheidungsbefugten Gremien wie Parteivorstand oder Parteitag keine richtungsweisenden Beschlüsse gefasst. Es wird abgesegnet, was vorher in informellen Politbüros entschieden und über die Boulevardpresse bereits verlautbart worden ist."
November-Parteitagvorziehen oder nicht?
Genau das fällt Faymann nun auf den Kopf. Oft konnte in der "Kronen Zeitung" bereits gelesen werden, was die Funktionäre danach zu beschließen haben. Und dass er so gut wie nie in die SPÖ-Klubsitzungen ins Parlament kommt, wird auch von ihm wohlgesonnenen Abgeordneten moniert. Das wird wohl auch im SPÖ-Parteivorstand angesprochen werden, der am Montagnachmittag beginnt. Dabei geht es um die Frage, ob Faymann im Amt bleiben wolle, und ob der für Mitte November terminisierte Parteitag vorgezogen wird. Angesichts der Fristen wäre ein Termin spät im Juni denkbar. "Wenn Werner Faymann von sich aus geht, ist es möglich, den Parteitag im November zu belassen", meinte einer.
Sektion 8 bleibt bei ihrer Online-Abstimmung
Die Wiener SPÖ-Sektion 8 wird in jedem Fall ihre Online-Abstimmung "Vorsitzwahl2016.at" fortsetzen - egal, ob Faymann bleibt, geht oder abberufen wird. Dabei stehen neben Faymann noch Andreas Babler, Brigitte Ederer, Sonja Wehsely, Peter Kaiser und Christian Kern zur Wahl. Die Abstimmungen beginnen Mitte Mai und ziehen sich bis in den Juni hinein.
Daneben muss die SPÖ nun - nach einem eher herausgerutschten Sager von ÖGB-Präsident Erich Foglar - auch noch die Frage beantworten, wie sie es denn mit der FPÖ hält. Foglar kritisierte im "profil" die strikte Ablehnung einer Koalition mit den Blauen. Das ist in der FSG bereits seit zwei Jahren ein (allerdings eher internes) Thema. Nun geht es um die Frage Abgrenzung oder Ausgrenzung. "Es hat keinen Sinn, den Gemeindebau zu Nazi-Hochburgen zu stilisieren", sagte Hannes Androsch jüngst. Die SPÖ müsse vielmehr versuchen, die zur FPÖ abgewanderten Wähler wieder für sich zu gewinnen. Die Freiheitlichen thematisch auszugrenzen, sei sinnlos, so der Tenor.
Genau diese Frage ist aber für Faymann innerhalb der Partei dünnes Eis. Mit ihm werde es keine Koalition mit der FPÖ geben, lautet sein Credo. Sollte er diese Position verlassen, um seine Ämter zu behalten, würden ihm Kritiker wohl vorwerfen, schon wieder - wie in der Flüchtlingsfrage - eine 180-Grad-Volte zu schlagen. Und Glaubwürdigkeit ist das größte Manko, das Faymann innerhalb der Partei vorgeworfen wird.
Zwischen der FSG-Sitzung und dem SPÖ-Parteivorstand treffen sich die SPÖ-Granden bei Bundespräsident Heinz Fischer zum Mittagessen. Der erweiterte noch am Freitag diese Runde um SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. Offiziell ein Abschiedsessen des scheidenden Präsidenten, inoffiziell dürfte es als Faymann-Unterstützung geplant gewesen sein.
Gefahr einer Spaltungwird Faymann angelastet
Bis dahin wird viel telefoniert, in größeren und kleineren Runden diskutiert. Ziemlich hochgejazzt wurde ein privates Treffen zwischen Wiens Bürgermeister Michael Häupl und Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl am Freitagnachmittag. Natürlich ging es dabei um die Zukunft der SPÖ und ihrer Führung. Sollte sich Faymann durchsetzen, haben ehemalige Aktivisten wie Barbara Blaha bereits die Gründung einer neuen sozialdemokratischen Partei angekündigt.