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Der lange Arm des MBS

Von Stefan Haderer

Gastkommentare
Stefan Haderer ist Kulturanthropologe und Politikwissenschafter. Alle Beiträge dieser Rubrik unter: www.wienerzeitung.at/gastkommentare

Saudi-Arabiens Kronrpinz Mohammed bin Salman fürchtet um seinen Einfluss im Nahen Osten.


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Als MBS wird Mohammed bin Salman bezeichnet, der erst diesen Sommer von seinem Vater, Saudi-Arabiens König Salman, zum Kronprinzen ernannt wurde. Will man im Inneren des religiösen Wüstenstaates am Arabischen Golf einen liberalen Reformkurs erkennen, so steht MBS außenpolitisch für mehr Instabilität in der Region.

Saudi-Arabiens Fangarme der Macht reichen längst schon in andere arabische Staaten hinein. Mit dem Haus Saud will man es sich nicht verscherzen. Staaten, die dagegen aufbegehren oder eine Entspannung mit dem Iran suchen, werden abgestraft, wie das Beispiel Katar gezeigt hat. Jetzt droht auch dem Libanon eine ungewisse Zukunft.

US-Präsident Donald Trump ist der loyalste Verbündete von MBS. Trump hat den Hausarrest der Diplomaten in Riad gutgeheißen und unterstützt den militanten Kurs des jungen Verteidigungsministers. In dieser Funktion hat MBS nämlich einen Krieg gegen das Nachbarland Jemen begonnen, der eigentlich zwei Monate dauern sollte und mittlerweile schon mehr als zwei Jahre geführt wird. Internationale Proteste, wie man sie gegen Syriens Machthaber Bashar al-Assad immer wieder hört, hielten sich hier bisher stark in Grenzen.

Die Befreiung mehrerer syrischer Städte von IS-Milizen dürfte den saudischen Kronprinzen alarmiert haben. Denn die Hisbollah im Libanon unterstützt Assad militärisch. Islamisten, die zum Teil von Saudi-Arabien gesponsert werden, wurden ins Hinterland zurückgedrängt. Das Haus Saud fürchtet um seinen Einfluss im Nahen Osten.

Der plötzlich zurückgetretene Ministerpräsident des Libanon, Saad Hariri, sitzt derzeit auch in Riad fest, will aber zurückkehren. Noch immer hängt der Mythos seines ermordeten Vaters Rafiq Hariri, der ein guter Freund des Hauses Saud war, wie ein Schatten über der Zedernrepublik. Für seinen mysteriösen Tod machen einige die Hisbollah, andere wiederum ausländische Geheimdienste verantwortlich. Unter Hariri hat der sunnitische Islam einen spürbaren Aufwind im multikonfessionellen Libanon erfahren. Jene Villen in den umliegenden Bergen von Beirut, die vor dem Bürgerkrieg von der Elite des Landes und vielen Europäern bewohnt worden waren, sind seit langem im Besitz von Arabern aus Saudi-Arabien und Kuwait. Diese sollten umgehend das Land verlassen, hat MBS gewarnt. Der libanesische Präsident Michel Aoun hofft indes auf eine Rückkehr seines Premiers. An eine Offensive will vorerst niemand glauben, doch dem Libanon könnten turbulente Zeiten bevorstehen.

Unterdessen appelliert Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an den saudischen König, sich für den Frieden einzusetzen. Diese Botschaft ist in zweierlei Hinsicht unglaubwürdig: Einerseits kommt sie vom Vertreter einer Nation, die sich unter seinen Vorgängern Nicolas Sarkozy und François Hollande selbst an den Kriegen in Libyen und Syrien aktiv beteiligt hat. Andererseits fordert Macron ausgerechnet Saudi-Arabien, den größten Sponsor des islamischen Fundamentalismus, auf, den Kampf gegen den Terrorismus voranzutreiben. Dazu bedürfte es aber einer völligen Neuausrichtung Saudi-Arabiens, die MBS wohl nicht anstrebt.