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SPÖ stimmt bei Klubklausur Mandatare auf Wehrpflicht-Abstimmung ein.
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Wien. Die SPÖ ist beleidigt. Nachdem ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf erklärt hatte, die ÖVP schütze Eigentum "vor Dieben ebenso wie vor der SPÖ", und dies auch am Sonntag in der "Pressestunde" nicht zurücknehmen wollte, wetterte Wiens Bürgermeister Michael Häupl, die ÖVP solle doch gleich sagen, wenn sie Neuwahlen wolle. Da war es plötzlich, das Neuwahlgespenst. Am Montag war die SPÖ-Spitze dann sichtlich bemüht, die Geister, die Häupl rief, wieder loszuwerden. Eifrig wurde dementiert, dass es vorgezogene Neuwahlen gebe. Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas wollte dafür sogar die Hände ins Feuer legen. Dennoch war man sich einig, dass Kopfs Aussagen "dem Koalitionsklima nicht förderlich" waren, wie Rudas’ Kollege Günther Kräuter am Rande der Herbsttagung des SPÖ-Klubs sagte. Rudas wiederum wollte "nicht alles überbewerten", auch wenn Kopfs Aussage "völlig unsachlich" gewesen sei.
Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann stellte schließlich klar: "Gewählt wird nächsten Herbst." Damit erteilte er Neuwahlforderungen etwa des Vorarlberger SPÖ-Chefs Michael Ritsch eine klare Absage. Allerdings könnte es ein langer nächster Herbst werden, denn Rhetorik und Schwerpunktsetzung - SPÖ für Vermögenssteuern (siehe Artikel rechts), ÖVP dagegen ("wir beschützen Eigentum") - erinnert schon sehr an Wahlkampf.
"Sicher ist es schon Wahlkampf", sagt Politikexperte Thomas Hofer zur "Wiener Zeitung". In der SPÖ gebe es intern "schon lange Stimmen für rasche Neuwahlen", um die Schwäche der ÖVP auszunutzen. Derzeit liegt die SPÖ in allen Umfragen unangefochten auf Platz eins. "Allerdings ist es undenkbar, wegen dem Diebs-Sager Neuwahlen vom Zaun zu brechen", so Hofer. Vielmehr müsse man sich auf einen Dauerwahlkampf bis zum nächsten Herbst einstellen - wenn auch mit Abstrichen, etwa beim Budget oder bei der EU-Krisenbewältigung. Da müsse die Zusammenarbeit weiter funktionieren, so Hofer.
Bis zur Wahl gibt es einige Etappen. Den bundesweiten Auftakt macht die Wehrpflicht-Volksbefragung am 20. Jänner. Da sieht Hofer "leichte Vorteile bei der ÖVP" und die "Chance auf ein Comeback für die Volkspartei". Auch mit zu erwartenden Erfolgen in Graz, Tirol und Niederösterreich könne die ÖVP das "Verlierer-Pickerl" etwas loswerden, glaubt Hofer. "Die SPÖ hat hingegen einiges zu verlieren", so der Politikexperte, schließlich hätte sie das Thema Wehrpflicht aufgebracht. Nun sei sie in der kommunikativ schwierigen Lage, beweisen zu müssen, dass das neue System funktioniert. "Letztlich könnte es Ironie der Geschichte sein, dass der Zivildienst die Wehrpflicht rettet", sagt Hofer.
Während die ÖVP schon in der Vorwoche voll in den Volksbefragungskampf eingestiegen ist, hat die SPÖ bislang erst ein - offiziell überparteiliches - Personenkomitee ins Rennen geschickt. Am Montag galt es dann, bei der roten Klubklausur in Wien die eigene Mannschaft auf den Kampf für ein Berufsheer und einen bezahlten Sozialdienst als Alternative zu Wehrpflicht und Zivildienst einzuschwören.
Erst 70 Prozent in der SPÖ für ein Berufsheer
Keine einfache Aufgabe, denn wie Laura Rudas einräumt, liegt die Zustimmung zu den Berufsheerplänen von Verteidigungsminister Norbert Darabos in der SPÖ nur "bei geschätzten 70 Prozent". Gegner der Abschaffung sind etwa der steirische Landeshauptmann Franz Voves, oder der SPÖ-Wehrsprecher Stefan Prähauser. Dieser erklärte am Montag, die klubinternen Besprechungen und Diskussionen abwarten zu wollen, ehe er sich wieder äußert.
Die Einleitung zu diesem innerparteilichen Diskussionsprozess bildeten bei der roten Klubklausur in der ÖGB-Zentrale am Donauufer Referate von Darabos und Sozialminister Rudolf Hundstorfer, wobei vor allem Darabos die Gelegenheit nutzte, die ÖVP scharf anzugreifen. Der von dieser propagierte Grundwehrdienst sei "nicht megacool, sondern megasinnlos", so Darabos, "die ÖVP stiehlt jungen Menschen mit diesem Zwangsdienst sechs Monate ihres Lebens". Dass ein Berufsheer das Aus für die Neutralität bedeuten würde, wie in der Vorwoche ÖVP-Staatssekretär Reinhold Lopatka im Interview mit der "Wiener Zeitung" behauptet hatte, wies Darabos ebenso zurück, wie die Befürchtung, ein Berufsheer würde nur Söldner anziehen.
Sozialminister Hundstorfer verteidigte sein System eines freiwilligen Sozialjahrs. Dies sei ein vernünftiges Alternativkonzept, auch wenn noch viele Detailfragen zu klären seien.