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Der lange Schatten Jacques Chiracs

Von Alexander U. Mathé

Analysen

Frankreichs neues Kabinett ist die Wiederauferstehung der alten konservativen Garde unter Ex-Präsident Jacques Chirac, den Nicolas Sarkozy im Jahr 2007 in seinem Amt beerbt hat.


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Diese Regierungsumbildung steht ganz offensichtlich im Zeichen seiner Wiederwahl als Präsident, die Sarkozy für 2012 anstrebt (wenn auch noch nicht offiziell). Denn will er diese Wahl gewinnen, braucht er die Unterstützung des konservativen, gaullistischen Lagers, mit dem er grundsätzlich auf Kriegsfuß steht. So ist Michèle Alliot-Marie, die bereits in den 80er Jahren unter Chirac Ministerin war, als neue Außenministerin die Karrierleiter hinaufgestiegen. Xavier Bertrand, Gesundheitsminister unter Chirac wird Arbeitsminister und der junge François Baroin, politischer Ziehsohn Chiracs (Spitzname "Baby-Chirac"), darf nicht nur seinen Posten als Haushaltsminister behalten, sondern wird auch noch Regierungssprecher. Alain Juppé, Premier unter Chirac, feiert ein Comeback als Verteidigungsminister - vielleicht auch deshalb, weil er sich mit dem Gedanken trug, selber für das Präsidentenamt zu kandidieren.

Dieser Rechtsruck hat seinen Preis: Verluste im politischen Zentrum. Besonders schmerzlich wird dies dadurch, dass die geopferten Minister aus der Mitte zugleich auch die beliebtesten waren: Umweltminister Jean-Louis Borloo, Sportministerin Rama Yade und Außenminister Bernard Kouchner. Kouchner, sozialistisches Urgestein, war direkt aus der Oppositionspartei in die konservative Regierung eingetreten. Er verlieh der Regierung einen Hauch von Überparteilichkeit. Rama Yade war bevor sie Sportministerin wurde Staatssekretärin für Menschenrechte und avancierte als solche regelrecht zur Ikone, weil sie sich furchtlos den Diktatoren und Menschenschindern dieser Welt entgegenstellte.

Richtig gefährlich könnte für Sarkozy der Verlust Borloos werden. Er war für viele ein Symbol für den Wandel. Nun könnte er gemeinsam mit dem geschassten Verteidigungsminister Hervé Morin eine Revolte des konservativen Zentrums anzetteln, das Sarkozy zu verlieren droht.