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Der lärmfreie Dresscode

Von Christina Böck

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Allerlei Stilfragen wurden diese Woche aufgeworfen. Gut, dass Gery Keszler nicht die rhetorisch feinste Klinge schwingt, kann seine Seitenblicke-Kollegin Jeannine Schiller nicht ganz so überrascht haben, wie sie glauben lassen will. Eine kuriosere Meldung erreichte uns aus dem Vereinigten Königreich. Da geht es um Bianca Jagger, berühmteste Ringverliererin Salzburgs. Die hat in London für einen kleinen Opern-Society-Eklat gesorgt. Bei der Premiere von Philip Glass’ "Einstein on the Beach" knipste sie angeblich hemmungslos das Geschehen auf der Bühne - und zwar noch dazu mit Blitz. So etwas stört, sowohl Publikum als auch Akteure. Das erzürnte einen Theaterkritiker dermaßen, dass er Jagger nach der Vorstellung ein bisschen anpöbelte. Auf den Kalauer mit der feinen englischen Art sei an dieser Stelle verzichtet. Oder nein. Er passt doch zu gut.

Nun fühlte sich die britische Presse dazu berufen, ihrer Leserschaft ein wenig Etikette für kulturelle Veranstaltungen beizubringen. Das ist löblich, aber das mit den klimpernden Armreifen, die man während der Pianissimo-Strecken eines Konzerts ruhig halten möge, ist vielleicht gar streng. Der Lärmfrei-Dresscode hat sich noch nicht einmal im Musikverein durchgesetzt, wo man lieber tonlos erstickt, als das Publikum oder den Maestro mit einem Röcheln zu stören.

Das Gute: Nun wissen einige Leute mehr in England, dass man aus einem "Glass" nicht nur trinken kann. Solche Skandale gibt es bei uns bedauerlicherweise kaum. Das englische Kulturvolk hat offenbar weniger Kultur, dafür aber einen höheren Unterhaltungswert.