Eine Börsenaffäre rüttelt am Ruf der Kaufmannsdynastie. | Meinl-Vermögen auf 2 Milliarden Euro geschätzt. | Wien. Eine brisante Affäre rund um zweifelhafte Praktiken an der Wiener Börse hat eine der reichsten Familien Österreichs in schiefes Licht gerückt. Die Meinls - sie mischen seit 145 Jahren im heimischen Wirtschaftsleben kräftig mit - müssen um ihren guten Ruf bangen. Für den Familien-Clan steht viel auf dem Spiel, nachdem das Meinl-Imperium ins Visier der Finanzaufsicht geraten ist.
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Den Stein ins Rollen gebracht hat ein 1,8 Mrd. Euro schwerer Aktienrückkauf bei der börsenotierten Ost-Immobilienfirma Meinl European Land (MEL), der den Investoren nicht rechtzeitig mitgeteilt wurde und deshalb dramatische Kursstürze auslöste, bei denen Milliardenwerte vernichtet wurden.
Jetzt wird in der traditionsreichen Meinl Bank, die mit MEL über einen Dienstleistungsvertrag verbunden ist, von den Behörden alles unter die Lupe genommen. Der Vorwurf, gegen Kapitalmarktgesetze verstoßen zu haben, steht im Raum. Verärgerte Anleger drohen mit Schadenersatzklagen.
Auch wenn in der Causa Meinl die Unschuldsvermutung gilt, das bislang tadellose Image der Familie ist nach den jüngsten Ereignissen stark ramponiert. Walter Jakobljevich, der beteuert, als Aufsichtsratspräsident der Meinl Bank nichts von den umstrittenen Rückkäufen gewusst zu haben, geht sogar so weit zu sagen: "Der Name Meinl ist kaputt." Gleichzeitig nimmt er aber Bankchef Julius Meinl V. in Schutz. In einem Interview mit dem "Standard" betont der 82-Jährige: "Das war sicher keine Gaunerei."
Mohren-Logo seit 1862
Begonnen hat der Aufstieg der Meinls schon in der Monarchie - 1862. In diesem Jahr eröffnet Julius I. (Ururgroßvater von Julius V.) seine erste Kaffeerösterei und sein erstes Kolonialwarengeschäft in der Wiener Innenstadt. Der Meinl-Mohr - ein schwarzer Kinderkopf mit rotem Fes auf gelbem Grund - wird zum Markenzeichen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts steht der Name "Julius Meinl" für den größten Lebensmittelkonzern in der Donau-Monarchie. Neben feinstem Kaffee werden vor allem Lebensmittel von überdurchschnittlicher Qualität verkauft - Zielgruppe sind bürgerliche Kunden.
Nach dem Ersten Weltkrieg kann Meinl mit 1200 Geschäften und 63 Fabriken seine Bedeutung auch in den Nachfolgestaaten beibehalten. Von diesem Netz bleiben durch den Zweiten Weltkrieg dann aber praktisch nur die Geschäfte und Röstereien in Österreich übrig. Ende der 60er Jahre hat Meinl 280 Geschäfte. Dazu kommen noch jene 78 Filialen der Brüder Kunz, die im billigeren Segment des Lebensmittelhandels arbeiten, aber auch im Kaffeebereich tätig sind. Als der große Familien-Patriarch Julius III. 1991 hoch betagt stirbt, hat die Meinl-Kette knapp 400 Geschäfte im In- und Ausland, beschäftigt 5000 Mitarbeiter und setzt rund 10 Milliarden Schilling um.
Verkauf der Geschäfte
Eine Zeit lang gehört auch die Hypermarkt-Kette Pam Pam (mit 41 Standorten, davon rund 20 in Wien) zum Handelsimperium der Familie Meinl. Sie wurde von Jenö Eisenberg, dem Begründer der Löwa-Kette, ins Leben gerufen und dann an Meinl verkauft. Im Frühjahr 1999 trennt sich Meinl von seinen Pam-Pam-Märkten - Käufer sind die beiden Handelsriesen Rewe und Spar.
Wegen des immer schärfer werdenden Wettbewerbs in der Branche steigt Meinl im Jahr 2000 so gut wie ganz aus dem Detail-Handel mit Lebensmitteln in Österreich aus. Mit Ausnahme des Flaggschiffs der Meinl-Kette, des Spezialitäten-Geschäfts am Wiener Graben, werden sämtliche Filialen verkauft, die großen Player Rewe und Spar schlagen erneut zu. Heute konzentriert sich die Julius Meinl AG auf das Kaffeegeschäft und betreibt in Wien-Ottakring eine Rösterei.
Auch in Osteuropa verkauft Meinl sein Filialnetz nach und nach - 1999 das in Ungarn an die belgische Delhaize und 2005 jenes in Tschechien an den niederländischen Ahold-Konzern.
Ein riesiges Vermögen
Die Meinls zählen in Österreich zu den zehn reichsten Familien. Ihr Gesamtvermögen wird auf rund 2 Milliarden Euro geschätzt. Neben ihrem einst blühenden Lebensmittelhandel hat auch die Meinl Bank - heute das wirtschaftliche Hauptstandbein der Familie - das Fundament für diesen über fast eineinhalb Jahrhunderte angehäuften Reichtum gelegt.
Auch im Bank-Business
Im Bankgeschäft haben die Meinls vor 84 Jahren Fuss gefasst. Gegründet wird das noble familieneigene Institut, das heute am Bauernmarkt in bester Wiener Innenstadtlage residiert, von Julius II. Zur Blüte bringt es sein Sohn, Julius III. (der "Präsident", wie er von den Meinl-Angestellten respektvoll genannt wurde, war der letzte klassische Patriarch der Mohren-Dynastie). Unter Julius V. - er führt in der Meinl Bank seit 1983 Regie - erhält das Geldhaus mit der Ausrichtung auf Vermögensverwaltung und Investmentbanking eine stark angelsächsische Prägung.
Jetzt ist Krisenmanagement gefragt
+++ Meinl-Bank