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Der leise Tod des CD-Fachgeschäfts

Von Edwin Baumgartner

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Jüngst habe ich mir die "Mozart-Variationen" von Emil Berlanda auf CD angehört. Kein epochales Werk, aber sehr schön. Ich bin froh, dass ich es jetzt kenne. Das verdanke ich einem Wiener CD-Klassikfachgeschäft, dessen vifer und unersetzlicher Geschäftsführer mich in Ahnung meiner Interessen auf die CD hingewiesen hat. Bei den Internet-Händlern wäre ich nie auf Berlanda gekommen. Da ich nicht wusste, dass es ihn gibt, hätte ich zwangsläufig nicht nach ihm gesucht. Die gezielte Beratung fällt da ja weg.

Das sind die Vorteile des Fachgeschäfts vor Ort: Vorauswahl, gezielte Beratung. Doch bald wird es so nicht mehr sein. Von den nur noch drei CD-Klassikfachhändlern Wiens, Caruso, Gramola und DaCapo, balanciert einer am Abgrund entlang, um halbwegs Umsatz zu machen, rettet man sich in überzogene Sonderpreis-Aktionen. Schuld seien die Internet-Händler, hört man, mit deren Dumping-Preisen könne man nicht mithalten.

Wirklich schuld sind jedoch die Kunden. Stets auf Schnäppchen-Jagd, wie es einem nicht nur TV-Sendungen als lebensnotwendig eintrichtern, informiert man sich im Fachgeschäft, kauft dann aber bei den preisgünstigeren Internet-Händlern. Der einschlägig vorgebildete Fachhändler hat die Arbeit, den Profit macht der ahnungslose Schleuderer.

Das Buchhandlungs-Sterben war der erste große, öffentlich weitgehend unbemerkte Schnitt im Kulturleben. Nun sind die CD-Klassikfachhändler dran. Die einzige Medizin dagegen ist ein Kundenverhalten, bei dem sich das "Schnäppchen" nicht über den Preis, sondern über die Qualität definiert.