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Der letzte Held der Revolution

Von Klaus Blume

Politik

Ernesto Che Guevara hätte am 14. Juni seinen 75. Geburtstag. Der argentinische Visionär des Kommunismus wurde durch die Revolution in Kuba an der Seite Fidel Castros berühmt. Sein unerschütterlicher Idealismus, sein gewaltsamer Tod für die Sache und nicht zuletzt die legendäre Fotografie von Alberto Korda machten ihn unsterblich.


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Den Kapitalismus hatte er bekämpft, doch sein Gesicht wird längst in aller Welt vermarktet. Das Konterfei von Che Guevara ziert T-Shirts und Telefonkarten, Ziffernblätter und Zippo-Feuerzeuge, Rotweinflaschen und Zigarettenschachteln. In Zeiten der Anti-Globalisierungs-Proteste hat der einstige Kampfgefährte Fidel Castros aber auch politische Symbolkraft bewahrt. Sein früher Tod 1967 hat Che Guevara unsterblich gemacht. Lebte er noch, würde er am Samstag 75 Jahre alt.

Das berühmte Foto Alberto Kordas, das Guevara mit einem melancholisch entrückten Gesichtsausdruck und einem Barett mit rotem Stern darauf zeigt, ist tausende Male um die Welt gegangen. Es stammt

von Anfang 1960, als Guevara 31 Jahre alt war. Für die Nachwelt bleibt der lateinamerikanische Kommunist, ähnlich dem Schauspieler James Dean, für alle Zeiten ein gut aussehender junger Mann.

Ernesto Guevara wurde am 14. Juni 1928 in der argentinischen Stadt Rosario geboren. Er studierte Medizin, praktizierte aber nie als Arzt. Er reiste lieber durch Lateinamerika und lernte 1955 in Mexiko Fidel Castro kennen. Dieser bereitete sich im Exil mit seinem Bruder Raul und einigen anderen Kubanern auf den Kampf gegen den Diktator Fulgencio Batista vor. Guevara schloss sich den Kubanern an - und erhielt von diesen seinen Spitznamen. Denn "Che" heißt im argentinischen Spanisch so viel wie "hey", und wird von Argentiniern inflationär verwendet.

Die Revolution

82 Männer, unter ihnen die Castro-Brüder und Guevara, schifften sich Ende 1956 im mexikanischen Hafen Tuxpan auf der Motoryacht "Granma" ein. Die Guerilleros landeten im Osten Kubas, doch nur 12 von ihnen überlebten die ersten Kämpfe gegen Batistas Truppen. Aber sie fanden neuen Zulauf, die Volksbewegung gegen den Tyrannen gewann an Kraft und am Silvesterabend 1958 floh Batista. Castro und Guevara zogen wenige Tage später in Havanna ein.

Von den armen Massen gefeiert, machten sich die Revolutionäre an die sozialistische Umgestaltung der Insel. Sie verstaatlichten Ländereien, Villen und Fabriken. Guevara, der die kubanische Staatsbürgerschaft erhielt, wurde erst Notenbankchef und dann Industrieminister - obwohl er von Ökonomie wenig verstand. Die kubanische Volkswirtschaft ging auf eine rasante Talfahrt. Guevara propagierte den "Neuen Menschen" - den Bürger, der nur aus moralischem Antrieb und ohne materiellen Anreiz schuftet. Doch die Fachleute in der Zentralbank, denen er die Gehälter kürzte, flüchteten lieber in die USA - wie Hunderttausende weitere Kubaner, die mit Castros Tropensozialismus nichts im Sinn hatten.

Sackgasse Bolivien

1965 trat Guevara als Minister zurück. Manche Historiker meinen, Castro habe ihn wegen seiner zu realitätsfernen Vorstellungen kaltgestellt. Che zog aus, um weitere Revolutionen anzuzetteln. Er glaubte, der Erfolg in Kuba lasse sich beliebig auf andere Länder übertragen. Nach einem Jahr im Kongo versuchte er es in Bolivien. Doch kein einziger Bauer schloss sich seinem Trüppchen an, das monatelang durch den bolivianischen Urwald irrte. Guevara wurde verraten, vom bolivianischen Militär gefangen genommen und am 9. Oktober 1967 erschossen. Erst 30 Jahre später wurden seine Gebeine wiedergefunden und nach Kuba überführt.

Fatales Vorbild

Noch immer ist Che ein Vorbild auf Castros Insel - selbstlos und opferbereit. Doch viele junge Lateinamerikaner ahmten im Laufe der Jahre das Vorbild Guevara auf fatale Weise nach: Von dessen Schriften über die Machbarkeit der Revolution inspiriert, stürzten sie sich in aussichtslose Erhebungen gegen rechte Regime und fanden den Tod. "Dies ist Teil der Schuld, die er gegenüber der Geschichte trägt", urteilt Guevaras mexikanischer Biograf Jorge G. Castaneda. Trotzdem habe Che den Geist einer Epoche verkörpert, denn er starb am Vorabend des Jahres 1968 mit seinen weltweiten Studentenprotesten.