)
Österreich hätte den Lauf der Weltengeschichte verändern können. Behauptet zumindest Bernhard Görg.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Von wegen, Österreich als jene Bühne, auf der die große ihre Probe hält! Um wirklich große Geschichte schreiben zu können, hätten wir Österreicher unseren fatalen Hang zur - vor allem sprachbildlich gesprochen - Subordination gegenüber all jenen Völkern abwerfen müssen, denen wir uns kulturell irgendwie unterlegen fühlen.
Von daher kommt nämlich auch diese tatsächlich bemerkenswerte Eigenschaft, dass ein gelernter, vor allem aber geborener Österreicher nach nur wenigen Jahren in deutschen Landen bis zur sprachlichen Unkenntlichkeit untertaucht. Adolf H. zum Beispiel hätte völlig unzweifelhaft eine wesentlich unauffälligere Karriere gemacht, wenn er den Auftakt zum Zweiten Weltkrieg im tiefsten oberösterreichisch-bajuwarischen Dialekt über die Volksempfänger verkündet hätte statt im Gebell eines waschechten deutschen Schäferhundes.
Und todsicher hätte auch die bewegende Rede Marc Antons am Grabe Julius Cäsars eine ganz andere welthistorische Bedeutung eingenommen, wäre dieser kein waschechter Römer, sondern, sagen wir, ein zugewanderter Kelte aus Simmering gewesen. Schließlich wäre hier, im Falle eines kulturell eindeutig unterlegenen Volkes, die natürliche Sprachfärbung des Homo Austriacus auf ewig erhalten geblieben.
Mit ausschweifenden Gedankengängen dieser Art zu Glanz und Elend der heimischen Seelenlandschaft ist das jüngste Theaterstück von Bernhard Görg "Der letzte Vorhang" gespickt, das Montagabend im Wiener Gloria Theater von Gerald Pichowetz seine Premiere hatte. Ein chronisch erfolgloser Schauspieler der dritten Liga (gespielt von Gerald Pichowetz) will darin in der scheinbar krisensicheren Nische des professionellen Trauerredners beruflich neu durchstarten. Natürlich erfolglos.

Und natürlich kann der Ex-Politiker Görg auch als Theaterautor nicht von der Politik lassen. Am Talent würde es diesen ja vielfach gar nicht so sehr mangeln, wäre da nur nicht diese unglückselige "rhetorische Linearinsuffizienz" oder, einfacher ausgedrückt, diese Kapitaluntugend, vor Publikum und Mikrofonen keinen geraden Satz hervorzubringen. Wer jemals im Hohen Haus am Ring war, weiß, dass es dort um das rhetorische Talent erbärmlich steht.
Kein Wunder also, dass sich unser Grabredner Chancen ausrechnet, in der Politik Karriere zu machen. Allerdings stellt sich am Ende auch dieser Plan als trügerisch heraus.
Das Gloria Theater bringt das Stück "Der letzte Vorhang" am
Silvesterabend um 20 Uhr und um 23 Uhr auf die Bühne.
Weitere Vorstellungen sind erst wieder ab Februar 2011 geplant. Gloria Theater, Prager Straße 9, Wien Floridsdorf *