In Spanien ist innerhalb von Podemos ein Richtungsstreit ausgebrochen.
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Madrid. Eigentlich hatte schon niemand mehr daran geglaubt. Doch plötzlich hat sich in Spanien zweieinhalb Monate nach den Parlamentswahlen doch noch die Möglichkeit einer Regierungsbildung ergeben, was dem Land Neuwahlen ersparen würde.
Anfang März war Sozialisten-Chef Pedro Sánchez (PSOE) noch mit dem Versuch gescheitert, zusammen mit den liberalen Ciudadanos von Albert Rivera eine Parlamentsmehrheit für eine Regierungsbildung hinter sich zu bringen. Es waren vor allem die für die Sozialisten inakzeptablen Maximalforderungen der linken Protestpartei Podemos (Wir können), die eine Mitte-Links-Regierung verhinderten. Selbst für die bloße Enthaltung bei der Ernennung von Sánchez zum neuen Premier forderte Podemos-Chef Pablo Iglesias nicht nur eine Koalitionsregierung mit ihm als stellvertretenden Ministerpräsidenten und eine Vielzahl wichtiger Ministerposten. Auch hielt Iglesias vehement an einer radikal-linken und nahezu utopischen Abkehr von der bisherigen Austeritätspolitik und an seinen Forderungen nach einem Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien fest. Wohlweißlich, dass dies eine rote Linie ist, welche die Sozialisten nicht bereit sind zu überschreiten.
Aufstand gegen Iglesias
Die politische Strategie dahinter war offensichtlich: "Podemos hatte nie wirklich vor, eine Mitte-Linksregierung unter Führung der Sozialisten zu bilden. Sie wollen die Sozialisten als linke Alternative ablösen und konnten sich von Neuwahlen bis vor kurzem auch tatsächlich erhoffen, die Sozialisten im Juni als zweitstärkste Partei zu überholen", erklärt der spanische Politologe Jordi Rodríguez Virgili.
Das politische Panorama hat sich jedoch plötzlich geändert. Podemos steckt mittlerweile in einer tiefen Krise. Parteiinterne Machtkämpfe haben die Partei in zwei Lager gespalten. Eine Gruppe unterstützt Parteichef Iglesias, die andere ist gegen seine bisherige Verhandlungspolitik und seinen eher autokratischen Führungsstil und stellt sich hinter Iñigo Errejón. Der Konflikt führte vergangene Woche bereits zum Rücktritt von fast der Hälfte der Podemos-Führung, die im Linksbündnis "Ahora Madrid" Teil der Madrider Hauptstadtregierung bilden.
Der öffentlich ausgetragene Richtungsstreit, vor allem aber die Art und Weise, wie Iglesias die Koalitionsverhandlungen mit den Sozialisten kontaminierte, hatten aber noch einen weitaus schwerwiegenderen Effekt: Die drei Podemos-Regionalvarianten En Comú Podem aus Katalonien, Compromís aus Valencia und die galicische En Marea haben angekündigt, bei Neuwahlen als eigenständige Parteien anzutreten.
Das Auseinanderbrechen der linken Partei-Allianz ist für Podemos ein harter Schlag und ein Glück für die Sozialisten. Podemos wäre nicht mehr drittstärkste Kraft im Parlament, sondern würde diese Position an die Liberalen verlieren. Von den 69 Mandaten würden nur noch 42 übrigbleiben, sollten die Regionalparteien bei Neuwahlen unabhängig antreten. "Damit verliert Podemos an parlamentarischem Gewicht und auch sein Interesse an Neuwahlen. Sie dürften nun williger sein, sich mit den Sozialisten zu einigen", sagt Politologe Virgili.
Sánchez ist sich der Gunst der Stunde durchaus bewusst. Die Sozialisten direkte Verhandlungen mit den sich bereits abspaltenden Regionalvarianten von Podemos aufgenommen.
"Damit erhöht Sánchez den Druck auf Iglesias, seine politischen Forderungen für eine Mitte-Links-Koalition oder eine sozialistischen Minderheitsregierung herunterzuschrauben", meint der Politologe Antonio Elorza.
Liberale im Aufwind
Doch selbst, wenn die Partei-Allianz nicht auseinanderbrechen sollte, haben die Sozialisten und Liberalen enorm an Rückhalt bei den Wählern gewonnen. Durch ihren Pakt haben sie sich als einzige gesprächs- und kompromissbereite Parteien hervorgehoben.
Viele Protestwähler, die Podemos ihre Stimme im Dezember gaben, bereuen ihren Schritt mit Blick auf das bisherige Verhalten der Partei. Das zeigt eine am Sonntag von der Zeitung "El País" veröffentlichte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Metroscopia. Demnach dürfte Podemos bei Neuwahlen von 20,7 auf 16,8 Prozent und damit auf den vierten Platz abrutschen. Die Sozialisten und Ciudadanos sind hingegen im Aufwind.