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Der Lobau geht das Wasser aus

Von Eva Stanzl

Wissen

Donauregulierung ist Ursache, Klimawandel verstärkt Entwicklung. Experten fordern Bewässerung des Gebiets.


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Luftbilder zeigen es klar: Eine der letzten Aulandschaften Mitteleuropas trocknet aus. Die Lobau, Teil des Nationalparks Donau-Auen, droht zu verdorren. "Insgesamt hat die Lobau in den vergangen 80 Jahren ein Drittel ihres Wassers verloren, von den Kleingewässern sogar mehr als die Hälfte", sagt der Ökologe Thomas Hein anhand von Luftbildern seit dem Jahr 1938, die er zusammen mit Kollegen im Rahmen einer Studie auf unterschiedliche Wasserstände im Zeitverlauf ausgewertet hat.

Die ehemalige Auenlandschaft der Lobau ist Teil des 1905 beschlossenen Wald- und Wiesengürtels im Westen Wiens. Seit 1996 gehört sie zum Nationalpark Donau-Auen, einer der wenigen Nationalparks innerhalb einer Großstadt. Doch der Naturschutz kollidiert mit den Bedürfnissen der Millionencity Wien.

Vor der 1875 fertiggestellten Donauregulierung mäanderte der Strom von der Wiener Pforte zwischen dem Leopoldsberg im Westen und dem Bisamberg im Osten bis zur Hainburger Pforte durch das flache Marchfeld. Flussauen erhielten durch Hochwässer mit Überschwemmungen immer wieder neue Gestalt. Die Regulierung beseitigte dann einen beträchtlichen Teil der Donauarme und Augebiete im Wiener Raum. Entlang des dünn besiedelten nördlichen Stromufers blieb die Lobau mit Altarmen und stehenden Gewässern, jedoch durch den Hubertusdamm vom Strom getrennt, als Jagd-, Forst-, Landwirtschafts- und Naherholungsgebiet bestehen.

Trinkwassergebiet

"Da sie durch Hochwasserdämme von ihrer Wasserader, der Donau, getrennt ist, steht die Lobau seltener und kürzer mit dem Strom in Verbindung. Weil der Fluss selten die Au erreicht, landet sie an. Da der Fluss selten die Au erreicht, wird das feste Material sukzessive mehr", sagte Hein am Rande des wissenschaftlichen Symposions "Lobau soll leben" diese Woche im Naturhistorischen Museum Wien zur "Wiener Zeitung". Nur über eine "Lücke" bei Schönau in der Unteren Lobau dringe bei Hochwasser frisches Donauwasser ein, "das quasi wie eine Badewanne die Lobau füllt."

Die Auswirkungen auf das Grundwasser und dessen Zusammenspiel mit dem Oberflächenwasser führten zur Austrocknung. Hinzu kämen "prägnant länger dauernde Trockenphasen". Das heiße: Die Hochwasserregulierung sei der Auslöser für das Dilemma und der Klimawandel verstärke es, erläutert der Leiter des Instituts für Hydrobiologie und Gewässermanagement der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien.

Eine Inventur der Arten im Nationalpark Donau-Auen zeigt, was droht, verloren zu gehen. Denn in den vergangenen zehn Jahren ist die Artenvielfalt in dem Naturschutzgebiet um ein Viertel gestiegen. Nährendes Totholz und alte Bäume und Sträucher wurden mehr, invasive Arten konnten zurückgedrängt werden. Der Nationalpark von Wien bis Bratislava hätte sich zum Vorteil für die Natur entwickelt, berichtete Birgit Rotter vom Nationalparkbetrieb der Österreichischen Bundesforste bei dem Symposion. Bei keiner anderen Waldinventur in Österreich könne man mit solch einem Reichtum an Bäumen und Büschen rechnen.

Gemessen an den Indikatoren Verjüngung, Biomasse, Waldbestand, Totholzanteil, Stärke der Bäume, Durchwurzelungscharakter und Borkendiversität habe sich die Biodiversität im gesamten Nationalparkt Donau-Auen in den letzten zehn Jahren um bis zu 25 Prozent erhöht, sagte Eduard Hochbichler vom Institut für Waldbau der Boku. Einzig das "Eschentriebsterben" durch den eingeschleppten Pilz Hymenoscyphus fraxineus mache auch hier nicht Halt. Zweifelsohne verwandelt die Trockenheit aber den Auwald. "Die Lobau braucht Wasser", betont Hein. "Man müsste Öffnungsbauwerke setzen." Laut dem Experten wäre die nachhaltigste Möglichkeit eine Öffnung der Neuen Donau im Bereich des Kraftwerks Freudenau, da diese Gewässer zum Baden benutzt werden und daher laufend qualitätsgeprüft seien. Eine direkte Anbindung an die heutige Donau würde nämlich die Lobau als Trinkwassergebiet der Stadt Wien gefährden.