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Der lügende Republikaner und der Pitbull

Politik

George Santos hat keinen Uniabschluss und war auch nie Volleyballstar. Eine Beterugsaffäre könnte ihn sein Mandat kosten.


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Es war eine rührselige Geschichte: George Santos, Abgeordneter der Republikaner im Repräsentantenhaus, hatte berichtet, dass seine Mutter am 11. September 2001 beim Anschlag auf das World Trade Center gestorben sei. Als herauskam, dass seine Mutter nicht unter den Opfern war, behauptete Santos, sie sei in unmittelbarer Nähe des Anschlags gewesen und so in eine Aschewolke geraten, an deren Folgen sie ein paar Jahre später gestorben sei. Die Wahrheit ist aber: Fatima Devolder, die Mutter des Abgeordneten, befand sich zur Zeit der Anschläge gar nicht in den USA. Und sie starb 15 Jahre später an Krebs.

Als eine Reporterin den 34-Jährigen auf seine widersprüchlichen, offensichtlich fälschlichen Aussagen ansprach, blaffte Santos sie an: Solange sie weiter das Andenken seiner Mutter beschmutze, werde er sich nicht mit ihr unterhalten.

Das ist typisch für Santos: Der Mann, der Lügen als "unverzeihlich" bezeichnete, lügt in einem fort - und scheint dabei keine Verlegenheit zu kennen. Vielmehr greift er diejenigen an, die seine Angaben und Erzählungen auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen: Auf den Sozialen Medien wettert er gegen interviewende Clowns und Fake News der Medien, die außer Kontrolle geraten würden.

Eine Operation, die nie stattgefunden hat

Ob ihm das seinen Sitz im Repräsentantenhaus rettet, ist aber fraglich: Denn Santos sein Lebenslauf und seine Erzählungen über sich selbst sind so voller Fiktionen, dass er mittlerweile als Hochstapler gilt. Er hat keinen Uni-Abschluss, er war nie ein Star in einem College-Volleyball-Team, er hat nie für prestigeträchtige Investmentbanken wie Goldman Sachs gearbeitet. Seine Großeltern waren keine Holocaust-Überlebende, sondern sind beide in Brasilien geboren. Santos ist auch kein Jude, er ist Katholik.

Vor allem aber drohen ihm nun strafrechtliche Konsequenzen: Dabei geht es um einen Pitbull-Mischling, einen Spendenaufruf und eine Operation, die offenbar nie stattgefunden hat. In der Affäre ermittelt nun laut dem Magazin "Politico" das FBI, es steht der Vorwurf der Veruntreuung im Raum. Santos hatte nämlich 2016 via Internet zu Spenden aufgerufen, damit der Hund eines damals obdachlosen Veteranen operiert werden kann. Doch Richard Osthoff gab nun an, dass sein Hund ohne die Operation verstorben sei, und übergab den Ermittlungsbehörden entsprechende Dokumente. Santos soll die 3.000 Dollar einfach behalten haben.

Auch wegen der Finanzierung seines Wahlkampfes ermitteln die Behörden mittlerweile gegen den Abgeordneten, der mit dem Norden von Long Island und Teilen von Queens in New York einen der wohlhabendsten Wahlbezirke vertritt. Denn woher die 700.000 Dollar kommen, mit der Santos seine Kampagne finanzierte, ist unklar. Die obligatorischen Unterlagen zum eigenen Vermögen sind voller Lücken. Für das Jahr 2020 hat Santos noch fast keine Vermögenswerte deklariert. Im folgenden Jahr nannte er 750.000 Dollar sein Eigen, deren Herkunft noch nicht ganz geklärt ist.

Diese Ermittlungen treten aber offenbar wegen der Hunde-Affäre in den Hintergrund. Denn sie sind viel komplexer, während die Untersuchungen zu dem Pitbull sehr schnell zu einem Ergebnis kommen könnten. Das ist laut US-Medien auch das Ziel der Ermittler. Denn sie sehen in dem Fall Santos eine gewisse Dringlichkeit, da dieser als Abgeordneter über Gesetzte mitbestimmen könne.

Mittlerweile hat Santos, gegen den mittlerweile auch die brasilianischen Behörden wegen des Verdachts des Scheckbetrugs ermitteln, seine Mandate in zwei Ausschüssen zurückgelegt. Von einem Rückzug aus dem Repräsentantenhaus will er aber nichts wissen - genau so wenig wie die republikanische Parteiführung.

Kevin McCarthy, der Sprecher des Repräsentantenhauses, meinte, Santos müsste erst strafrechtlich etwas nachgewiesen werden. Die Republikaner haben im Repräsentantenhaus nur eine dünne Mehrheit und fürchten, bei einer Nachwahl das Mandat an die Demokraten zu verlieren. Aus der zweiten Reihe gab es aber schon Rücktrittsaufforderungen.

Eine eigene Sicht auf die Vorgänge vertritt der republikanische Abgeordnete Ken Buck. Er verurteilt zwar das Verhalten von Santos, meint aber, dass die Demokraten schuld an seinem Aufstieg trügen. Sie hätten nämlich schon vor der Wahl besser über Santos recherchieren und auf desen Fehlverhalten hinweisen sollen. "Dann hätten die Wähler mehr Informationen gehabt", sagte Buck der "New York Times".(klh)