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Ohne Turin wäre wohl alles beim Alten. Ohne den Skandal bei den Olympischen Spielen 2006, als das Quartier der österreichischen Langläufer und Biathleten von italienischen Polizisten auf Dopingmittel durchsucht wurde.
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Turin änderte alles, vor allem das Verhältnis zwischen dem mächtigen Skiverband und dem mächtigen Olympischen Comité ÖOC. Denn für den Skandal wollte niemand die Verantwortung übernehmen.
Die Organisationen schoben einander für das Auftauchen des Trainers Walter Mayer gegenseitig die Schuld in die Schuhe. Mayer hätte nicht in Turin sein dürfen, er war vom IOC wegen der Blutbeutel-Affäre in Salt Lake City gesperrt worden. Er kam dennoch - und löste die Razzia aus.
Vielleicht wäre auch noch alles beim Alten, wenn Salzburg die Olympischen Spiele erhalten hätte. Dann hätte es wenig Anlass für Grabenkämpfe gegeben, sie hätten das Projekt nur gefährdet. Doch Salzburg verlor gegen Sotschi.
Es ist kaum von der Hand zu weisen, dass persönliche Differenzen zwischen ÖSV-Chef Peter Schröcksnadel und ÖOC-Grande Heinz Jungwirth zu der Affäre beigetragen haben. Der Skiverband hat, wie Medien ("Kurier", "Standard") berichteten, einen Privatdetektiv auf Jungwirth angesetzt. Die von ihm geschossenen Fotos, unter anderem von der Villa des ehemaligen ÖOC-Generals sowie von dessen üppigen Fuhrpark, landeten ein Jahr später im "Kurier" sowie in der "Kronen Zeitung". Der "Kurier" ist im Mehrheitsbesitz der Raiffeisen, die etwa als Sponsor des von Schröcksnadel gemanagten Hermann Maier auftritt, die "Krone" fungiert seit Jahren als Medienpartner des Skiverbandes.
Auf welcher Seite die auflagenstärkste Zeitung steht, machte sie mit diversen scharfen Artikeln gegen ÖOC-Präsident Leo Wallner klar. Erst am Mittwoch erschien ein Kommentar, in dem es unter anderem heißt: "Die Netzbeschmutzer fliegen jetzt auf. (.. .) Der einzige Grund dieses Verrats (Ausschluss von ÖSV-Betreuern, Anm.) war, Peter Schröcksnadel mit allen Mitteln aus dem ÖSV zu entfernen."
Nun ist Jungwirth freilich auch kein Unschuldslamm, wie die interne Revision im ÖOC ergeben hat. Die Strukturen des Comités, das nach wie vor ein Verein ist, sind veraltet. Kontrolle der über die Jahre immer höher gewordenen Ein- und Ausnahmen gab es praktisch nicht.
In diesem Biotop der betriebswirtschaftlichen Unkultur gedieh offenbar die schlampige Abrechnungspraxis der Spesen bestens. Und, ja, es besteht der Verdacht, dass der ehemalige Generalsekretär ein paar Mal zu oft Privates mit Beruflichem verwechselt hat. Doch das muss bekannt gewesen sein. Und zwar auch vor den Olympischen Spielen in Turin.
Siehe auch:Ein Verein für das Lobbying