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Der Machtkampf um die Gesetzgebung

Von Stephanie Dirnbacher

Wirtschaft

Raschauer: "Länder müssen wirtschaftsnahe | Bereiche abgeben". | Industrie tritt für mehr Macht der Beamten ein. | Wien. Die härteste Zerreißprobe steht der Expertengruppe zur Verfassungsreform noch bevor: Die Kompetenzverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Wer soll künftig wofür Gesetze erlassen dürfen? Diese machtpolitische Frage erhitzt nicht nur die Gemüter der Vertreter der einzelnen Gebietskörperschaften. Auch auf Expertenebene werden vehement Forderungen erhoben - wie bei einer Veranstaltung der Industriellenvereinigung (IV) am Montagabend.


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Dabei herrscht rund um die Wirtschaftsvertreter die grundlegende Meinung: Alle wirtschaftsrelevanten Bereiche gehören vom Bund geregelt, um Überschneidungen von Kompetenzen wie beispielsweise bei Umwelthaftungsfragen zu beseitigen. "Wir wollen keinen zerstückelten Binnenmarkt", argumentiert Stefan Mara, Leiter der Abteilung für Rechtspolitik und Verwaltungsreform in der IV. Die Länder müssten daher einzelne Kompetenzen hergeben.

Der ehemalige Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler fasst den Handlungsbedarf in vier Feldern zusammen. Für ihn gehört die Gesetzgebung für die Wirtschaft, die Umwelt, das Schul- und das gesamte Gesundheitswesen auf Bundesebene geregelt.

Mara räumt gegenüber der "Wiener Zeitung" ein, dass das "sehr viel ist". Er versucht jedoch zu relativieren: Bestimmte Angelegenheiten wie etwa der Jugend- oder Lawinenschutz sollten sinnvollerweise weiter durch die Länder geregelt werden.

Kein leichtes Spiel

Dass diese Argumentation die Ländervertreter milde stimmt, darf allerdings bezweifelt werden. "In den Bereichen wie Wirtschaft, Umwelt, Gesundheit oder Schule ist es schwierig, bundeseinheitliche Standards zu fixieren", meint etwa Ewald Wiederin, Universitätsprofessor in Salzburg, und warnt vor "zu hohen Erwartungen bei der Kompetenzaufteilung".

Weite Regelungen

Für den Wiener Universitätsprofessor Bernhard Raschauer zeichnet sich kein leichtes Spiel ab. Auch er findet, dass die wirtschaftsnahen Bereiche künftig vom Bund geregelt werden sollen. Er weiß jedoch: "Bei der Kompetenzverteilung spießt es sich am meisten."

Was den künftigen Verfassungstext angeht, so haben die Experten auch schon ihre Vorstellungen. Raschauer, Fiedler und Mara plädieren für große, klare Kompetenzbereiche. Der Ex-Rechnungshofpräsident fordert auf, "gewaltig zu durchforsten" und "nicht alles minutiös in die Verfassung hineinzuschreiben".

Mara geht in diesem Zusammenhang noch ein Stück weiter. Behörden sollen weniger Vorgaben im Gesetz und dafür mehr Handlungsspielraum bekommen. Durch diese Aufwertung von Beamten erwartet sich die IV mehr Flexibilität in der Verwaltung. Die Verfassungsreform soll dafür die Grundlagen schaffen, meint Mara. Er stellt jedoch klar, dass die Lockerung des Legalitätsprinzips, das besagt, dass die gesamte staatliche Verwaltung nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden darf, nicht zu einer Willkür der Beamten führen darf. "Es sollte daher mehr Kontrolle geben", so Mara.