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Der Machtkampf um Einfluss beim Verbund als Sittenbild der Koalition

Von Harald Waiglein

Analysen

Das nennt man einen veritablen Bauchfleck: Bis zu drei Aufsichtsräte im Verbund hatte die SPÖ gefordert - ein Staatsunternehmen, in dem die Sozialdemokraten im Aufsichtsrat derzeit (mit Ausnahme der Belegschaftsvertreter) nicht vorhanden sind.


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Das Resultat ist, dass nicht nur kein einziger SPÖ-Vertreter in den Aufsichtsrat bestellt wurde (nicht einmal der Vertreter der Wiener Stadtwerke, die ja maßgeblich am Verbund beteiligt sind, wurde gewählt), sondern dass Wirtschaftsminister Martin Bartenstein den Verbund so fest im Griff hat wie nie zuvor.

Statt des zwar politisch, aber nie parteipolitisch agierenden Aufsichtsratspräsidenten Erhard Schaschl wurde nämlich Gilbert Frizberg zum Vorsitzenden des Verbund-Aufsichtsrates bestellt. Frizberg ist Steirer wie Martin Bartenstein, und er ist als Vizepräsident der Landes-Wirtschaftskammer ein strammer ÖVP-Funktionär.

Ruft man sich ins Gedächtnis, dass Bartenstein die Personalwünsche der SPÖ unter anderem damit abgelehnt hat, dass keine Politiker in den Aufsichtsrat einziehen sollten, wird die Niederlage für die SPÖ umso demütigender.

Der Groll bei den Sozialdemokraten, so hört man, sitzt tief - nicht nur bei den Wienern, deren Finanzstadträtin Renate Brauner mit einer empörten Presseaussendung auf das Ergebnis der Aufsichtsratswahl reagierte. Man darf gespannt sein, was sich in den nächsten Monaten bei Staatsunternehmen tut, die sich im Einflussbereich von SPÖ-Ministerien befinden - etwa bei den ÖBB oder der Asfinag. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis hier eine Retourkutsche erfolgt.

All das spielt sich freilich abseits der Öffentlichkeit ab - weit weg von den gemeinsamen Statements, die Kanzler und Vizekanzler nach dem Ministerrat abgeben. Niemand wird über solche Dinge öffentlich diskutieren. Oberflächlich betrachtet scheint der Zustand der Koalition gar nicht so schlecht. Hinter den Kulissen wird aber einmal mehr klar, dass die beiden Koalitionspartner weder Inhalte noch Sympathien miteinander verbinden.

Die Verbund-Geschichte wirft aber auch die Frage auf, ob der SPÖ jegliches politische Geschick bei der Absicherung von Machtpositionen abhanden gekommen ist. Für viele SPÖ-Anhänger war schon schwer verständlich, dass man sämtliche Schlüsselministerien in den Koalitionsverhandlungen der ÖVP überlassen hat. Aber den Wien-Energie-Geschäftsführer Helmut Miksits für den Verbund-Aufsichtsrat öffentlich zu nominieren, offensichtlich ohne dass seine Wahl koalitionsintern akkordiert war, grenzt schon fast an Meuchelmord für den Betroffenen.

Trotz der Verstimmungen in der Koalition sind Neuwahlen in absehbarer Zeit nicht wahrscheinlich. Die SPÖ hat kein Interesse, weil ihre Umfragewerte derzeit im Keller sind. Und die ÖVP kann sich noch nicht sicher sein, ob Wilhelm Molterer als Spitzenkandidat eine Wahl gewinnen kann.