Arvind Kejriwal heizt vor den indischen Parlamentswahlen im Mai mit frisch gegründeter Partei dem Polit-Establishment ein.
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Davon können politische Quereinsteiger nur träumen: Seine Aam Aadmi Party (Partei des einfachen Mannes) hat Arvind Kejriwal erst 2012 gegründet. Bereits ein Jahr später gewann er mit ihr die Wahlen in Delhi, der Region um die indische Hauptstadt Neu-Delhi. Letzte Woche legte er den Amtseid als neuer Regierungschef des Unionsterritoriums ab. Ganz im Sinne des Namens seiner Partei reist er zu diesem mit der U-Bahn an. Dabei stammt Kejriwal eigentlich aus einer gutbürgerlichen Familie. Doch die kann ebenso wie Kejriwal selbst auf eine lange Tradition des sozialen Engagements zurückblicken. In Kheda, der Heimatstadt seines Vaters, waren seine Vorfahren für den Bau der Schule, des Brunnens, des Tempels und der Mehrzweckhalle verantwortlich. "Das ist mehr, als die Regierung hier jemals getan hat", heißt es unter den Dorfbewohnern.
Eigentlich studierter Maschinenbauer, arbeitete Kejriwal von 1995 bis 2003 als Beamter für das Finanzamt. Als er dort die Not der Menschen sah, gründete er eine Bewegung, die Bürgern in Delhi mit Einkommenssteuererklärungen, Elektrizität und Essensrationen behilflich war. In zunehmendem Maße erkannte er die Korruption als Grundübel seines Landes. Neben seinem sozialen Engagement machte er sich in der Folge auch für die Korruptionsbekämpfung stark, was ihm 2006 den Ramon-Magsaysay-Preis einbrachte, der gerne als Asiens Nobelpreis beschrieben wird. In diesem Kampf schloss er sich mit Anne Hazare zusammen, der Anti-Korruptions-Ikone Indiens schlechthin. Für die Unterstützung Hazares wurde Kejriwal sogar einmal verhaftet. Doch mit der Zeit zerstritten sich die beiden. Während Hazare weiter auf dem Weg der außerparlamentarischen Opposition bestand, wollte Kejriwal aktiv in die Politik eingreifen, was letztlich zur Gründung der Partei des einfachen Mannes führte.
Viele Gegner lachten Kejriwal aus, als er im Wahlkampf die Delhier aufforderte, ihre Stromrechnungen zu zerreißen. Nun, da er Regierungschef ist, lachen die Bürger. Denn als erste Aktion im neuen Jahr hat er dafür gesorgt, dass 80 Prozent der Stromkonsumenten in Delhi künftig dank Subventionen nur mehr die Hälfte des Strompreises zahlen müssen. Die Subventionen sollen mittelfristig und zumindest teilweise auf die Elektrizitätsunternehmen abgewälzt werden. Ebenso kann seit 1. Jänner in Delhi jeder Haushalt, der über einen Wasseranschluss mit Zähler verfügt, täglich bis zu 667 Liter Wasser gratis beziehen.
Kaum den ersten großen Sieg errungen, steht Kejriwal schon im Mai vor der nächstgrößeren Herausforderung. Denn bei den Parlamentswahlen dürfte seine Partei das Kräfteverhältnis in Indien entscheidend beeinflussen.