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Der Mann mit dem Sozialpartner-Gen

Von Walter Hämmerle und Vilja Schiretz

Politik

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer tritt zurück. Sein Weg ins Amt war einmalig.


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Wenig ungewöhnlich verabschiedete sich der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer am Freitag aus der Politik. "Es ist jetzt am schönsten und da soll man bekanntlich gehen", sagte er bei einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag. Über den Rückzug des 70-Jährigen war schon länger spekuliert worden. Landesrat Christopher Drexler, derzeit zuständig für Kultur, Sport und Europa, wurde als "steirischer Kronprinz" gehandelt. Nun soll er ab Juli von Schützenhöfer übernehmen.

Weitaus ungewöhnlicher als sein Rückzug waren die Umstände, durch die Schützenhöfer vor sieben Jahren Landeshauptmann geworden ist. Dass die steirische SPÖ 2015 zustimmte, als stimmenstärkste Partei die zweitplatzierte ÖVP zur Nummer eins und Schützenhöfer zum Landeshauptmann zu machen, hätten zuvor wohl nur wenige für möglich, geschweige denn denkbar gehalten. Und das gilt durchaus auch für die SPÖ selbst. Insbesondere in der Bundespartei rieb man sich entgeistert die Augen.

SozialdemokratischerFreund und Konkurrent

Dass es trotzdem geschah, hatte zuallererst mit der Männerfreundschaft zwischen Franz Voves, der 2005 zum ersten und bisher einzigen Mal den steirischen Landeshauptmannsessel für die SPÖ eroberte, und Schützenhöfer zu tun. Anfangs einander spinnefeind, entwickelten die beiden später eine Form des persönlichen Vertrauens und der mustergültigen rot-schwarzen Zusammenarbeit. Allerdings gab es da 2015 auch die unverhohlene Drohung seitens der ÖVP, man könne schließlich auch mit der FPÖ regieren. . .

Zuvor hatten die Wähler sowohl Rot wie Schwarz für unpopuläre Reformen wie etwa Gemeindezusammenlegungen abgestraft. Dass Schützenhöfer 2019 einen günstigen Moment nutzte und gegen den Willen des Regierungspartners vorgezogene Neuwahlen herbeiführte, belastete das Verhältnis zur SPÖ dann aber doch, wenigstens vorübergehend.

Schützenhöfer schadete sein machiavellistischer Zug nicht. Im Gegenteil, bei den Neuwahlen holte er sich die demokratische Legitimation für sein Amt, die ihm zumindest die Wähler vier Jahre zuvor noch versagt hatten. Der neue Landeshauptmann habe "wahnsinnig schnell" in seine Rolle gefunden, sagt der steirische Politologe Heinz Wassermann. Dennoch sei der Wahlsieg 2019 "keine Meisterleistung" gewesen, profitierte die Steirische Volkspartei doch auch vom türkisen Aufschwung auf Bundesebene und einer schwächelnden Konkurrenz innerhalb des Landes: SPÖ-Kandidat Michael Schickhofer war wenig populär, die FPÖ hatte an Ibiza zu kiefeln. Die ÖVP wurde mit 36 Prozent klar stärkste Kraft, der Abstand zur SPÖ betrug 13 Prozentpunkte. Schützenhöfer hatte die, jedenfalls aus Sicht der ÖVP, natürliche Ordnung im Land hinter dem Semmering wieder hergestellt.

Generationenwechsel bei den Landeshauptleuten

Schützenhöfer nutzte dieses Mandat und eine neuerliche Koalition mit der SPÖ, das Amt des Landeshauptmanns in althergebrachter Weise zu interpretieren, was eben deshalb vielen als aus der Zeit gefallen erschien. Das Mahnende, mitunter auch Predigende, seine Appelle zur Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg, beinhalteten nicht selten jedoch auch scharfe Spitzen gegen Parteifreunde und Kontrahenten. Schützenhöfer zählte nicht nur zu den ersten Unterstützern des jungen Sebastian Kurz, sondern auch zu den ersten in der ÖVP öffentlich vernehmbaren Kritikern von dessen Stil.

Wassermann sieht mit Schützenhöfers Rücktritt jedenfalls einen Generationenwechsel unter den Landeshauptleuten nahezu abgeschlossen. Der steirische Landeshauptmann habe noch die "alte Sozialpartner-Genetik" in sich getragen, während sich andere Landeshauptleute in den letzten Jahren nach Koaltionsalternativen abseits von Schwarz-Rot umgesehen haben und die Große Koalition immer mehr zum "Auslaufmodell" wurde. Doch Schützenhöfer habe die Aversionen gegen die SPÖ der neuen türkisen ÖVP nie geteilt. Viel eher hegte er eine Abneigung "zumindest gegen einige Ränder der FPÖ", so Wassermann.

Den Freitag nutzte der 1952 im niederösterreichischen Edlitz geborene Landeshauptmann für einen Rückblick auf seine über 50-jährige politische Laufbahn, die ihn von der JVP 1981 in den steirischen Landtag geführt hatte. 1993 wurde er Klubobmann, 2005 stieg er zum Landesparteichef auf. Eng verbunden ist Schützenhöfers Weg auch mit dem ÖAAB, nach einigen Jahren als Landessekretär und geschäftsführender Obmann wurde er 1995 Landesobmann.

"Schweren Herzens, aber guten Gewissens" nehme er nun Abschied von der Politik, sagte Schützenhöfer am Freitag, mit Drexler sei ein ausgezeichneter Nachfolger gefunden. Das Ziel ist klar: Der Neue soll ausreichend Zeit haben, Platz eins in der Steiermark und damit die Macht im Land zu verteidigen. Daraus machte auch Schützenhöfer bei der Pressekonferenz keinen Hehl "Für die Beliebtheit vom Christopher müssen wir noch was tun. Aber dafür ist noch die halbe Legislaturperiode Zeit."