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Was man von der Corona-Pandemie für den Klimaschutz lernen kann.
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Man stelle sich vor: Um die Klimakrise einzudämmen, verkündet der Bundeskanzler - flankiert von der zuständigen Ministerin - tagtäglich neue drastische Einschnitte. Der gar nicht so zuständige Innenminister ist auch dabei und wird nicht müde, zu erwähnen, dass nötigenfalls auch "Zwangsmaßnahmen" ergriffen werden. Die Bewegungsfreiheit und der Gestaltungsspielraum der Menschen werden extrem beschnitten: Grenzen werden gesperrt, der Flugverkehr geht stark zurück, globale Güterketten werden getrennt. Die Menschen sollen daheimbleiben, statt zu konsumieren. Orte wie Venedig oder Hallstatt gehören wieder den Einheimischen. Und all das passiert in einer funktionierenden Demokratie und wird von gewählten Regierungen verfügt!
Utopisch? Wieso gelingt dem kleinen Coronavirus etwas, was bei der Klimaschutzpolitik völlig undenkbar wäre? Dass die Wirtschaft stets Vorrang hat, stellte US-Präsident Donald Trump anlässlich des jüngsten Einreiseverbotes für Europäerinnen und Europäer überraschend ehrlich klar: "Die Restriktionen stoppen Menschen, keine Waren." Das Coronavirus kann tödlich sein, aber das trifft auf den Klimawandel doch im Grunde auch zu. In beiden Fällen gibt es besonders betroffene Gruppen von Menschen: Bei Corona sind Ältere besonders gefährdet. Unter dem Klimawandel leiden ärmere Menschen - speziell in der Dritten Welt - am meisten. Während man bei Corona völlig selbstverständlich auf Ge- und Verbote setzt, soll der Klimaschutz bisher allein durch Anreize, Bewusstseinsbildung und den Markt geregelt werden. Dass dies nicht funktioniert, beweisen die vergangenen - und verlorenen - 30 Jahre. Warum gibt man also dem Klimaschutz nicht die Wichtigkeit, die er verdient?
Auch drastische Maßnahmen sind möglich, wenn der Großteil der Menschen ihre Notwendigkeit versteht. Man muss dem Klimaschutz die Ernsthaftigkeit entgegenbringen, die er benötigt. Die daraus resultierenden Änderungen wären für die einzelne Durchschnittbürgerin und den einzelnen Durchschnittsbürger gar nicht so dramatisch wie beispielsweise die derzeitige Situation durch das Coronavirus.
Statt Schulen und Theatern werden Steuerschlupflöcher (für Internet-Konzerne, aber auch für Kerosin) geschlossen. Kurzarbeit wird zur willkommenen Normalarbeitszeit. Statt Billigarbeitskräfte in Fernost auszubeuten, werden die Produkte wieder hierzulande hergestellt und repariert. Wo immer es möglich ist, weichen Autos dem öffentlichen Verkehr. Auf den Straßen fährt man wieder gern Rad. Der Flugverkehr wird radikal eingedämmt, mitsamt seinen unwürdigen Arbeitsbedingungen.
Die größten Verhaltensänderungen würde es für die wirklich Reichen geben; und diese haben den Klimaschutz bisher auch erfolgreich blockiert. Von den zehn größten Konzernen der Welt sind neun in der Öl- oder Autobranche tätig. Doch Profitmaximierung, wachsende Ungleichheit und Superreiche kann sich die Menschheit schlichtweg nicht mehr leisten. Eines macht die Corona-Epidemie deutlich: Wenn dringendes Handeln notwendig ist, überlässt niemand die Lösung des Problems dem Markt.