Der Zagreber Bürgermeister Milan Bandic im Gespräch über Einkaufszentren, Burgenlandkroaten und seine Inhaftierung.
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Wien. Gegen Milan Bandic, den langjährigen Bürgermeister von Zagreb, wird gegenwärtig wegen Korruption ermittelt. Dennoch genießt er in seiner Heimat den Ruf eines Bürgermeisters, der Probleme anpackt und die Stadt verbessert hat. Mit der "Wiener Zeitung" sprach er über Stadtplanung, Zagrebs Beziehung zu Wien und die gegen ihn vorliegenden Vorwürfe.
"Wiener Zeitung": Bitte erzählen Sie über die Beziehung zwischen Zagreb und Wien. Vor Antritt Ihrer Reise nach Wien sagten Sie, Sie verstünden sich sehr gut mit Bürgermeister Michael Häupl...Milan Bandic: Stimmt. Während der letzten zwanzig Jahre gab es fortwährend Zusammenarbeit mit dem Kollegen Häupl und der Stadt Wien. Wir haben diese Beziehung sogar formalisiert und ein Kooperationsabkommen zwischen beiden Städten unterzeichnet.
Was kann sich Zagreb von Wien abschauen?
Am Anfang konnten wir uns viel von der Art abschauen, wie Wien Stadtpolitik macht. Heute haben wir ein Level erreicht, auf dem wir sagen können, dass wir Zagreb genauso regieren wie Wien. Wir sind glücklich, dass wir von jemandem lernen konnten, der am Anfang besser war als wir, aber jetzt sind wir natürlich noch viel stolzer, dass andere Städte Best-Practice-Beispiele aus Zagreb bringen. Ich würde jetzt nicht sagen, dass der Schüler seinen Meister übertrifft, aber wir haben eine Menge gelernt, von dem beide Städte profitieren können. Natürlich gibt es immer noch mehr zu tun.
2013 haben Sie einige burgenlandkroatische Organisationen besucht und planten damals gemeinsam mit dem Kroatischen Zentrum in Wien ein bilinguales Schulmodell (kroatisch-deutsch) vom Kindergarten bis zur Matura aufzuziehen. Wie ist der Stand der Dinge?
Zagreb hatte immer seine Kroaten im Burgenland und wird sie weiterhin haben. Ein Teil dieser Beziehung ist Bildung. Momentan gibt es nichts, was wir da machen können, aber in naher Zukunft wird sich sicherlich irgendeine Art von Kompromiss finden lassen, weil wir großartige Kontakte mit unserer Minderheit hier in Österreich haben. Aber die nationale Regierung spielt in diesem Projekt eben auch eine Rolle.
Am Beginn Ihrer Zeit als Bürgermeister haben Sie die Verkehrssituation in Zagreb scharf kritisiert. Wie viel Priorität haben bei Ihnen Green Policies und Investitionen in das öffentliche Verkehrssystem?
Wir arbeiten entsprechend den Bestimmungen unserer urbanen Stadtplanungsagenda, dem Zagreb City Plan und natürlich europäischen Standards, den Europe-2020-Zielen (gegenwärtige Strategie der Europäischen Union für nachhaltiges Wachstum, Anmerkung). Vor vier Jahren hat Zagreb ein eigenes Büro eingerichtet, das sich um Dinge wie Verkehr und Green Policies kümmert. Ein Drittel der Busse in Zagreb fahren mit Gas statt mit Benzin und die Tendenz ist natürlich steigend. 75 Prozent der Busse sind ganz neu und somit umweltfreundlicher. Außerdem haben wir 300 Kilometer Radwege.
Während Ihrer Amtszeit sind Einkaufszentren wie Schwammerl aus dem Boden geschossen und es wird Ihnen oft als Erfolg ausgelegt, weil Sie Zagreb für den Handel attraktiv machen. In Wien gibt es jedoch oft Widerstand gegen Einkaufszentren, etwa weil sie den kleinen Geschäften schaden...
Wir haben genau dieselben Probleme. Aber wir versuchen auch, kleine Unternehmer zu fördern. Dass es denen schlecht geht, liegt aber auch an der Finanzkrise. Aber ich sehe das durchaus positiv. Vor 20 Jahren sind Leute aus Zagreb in Graz einkaufen gegangen, heute gehen die Grazer in Zagreb einkaufen. Vielleicht haben wir zu viele Einkaufszentren und vielleicht macht es ökonomisch keinen Sinn mehr, aber der Markt wird das regeln.
Im Oktober 2014 wurden Sie gemeinsam mit 15 Ihrer engsten Mitarbeiter verhaftet. Die kroatische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Korruption gegen Sie. Was wird Ihnen genau vorgeworfen?
Ich kann das nicht kommentieren, weil der Prozess noch läuft. Die Institutionen werden ihren Job schon machen. Das Einzige, was ich Ihnen sagen kann, ist, dass ich mich unschuldig fühle. Eine Sache noch: Im Leben vergeben dir die Menschen alles, außer deinen Erfolg.
Stimmt es, dass Sie bis vor ein paar Tagen, also kurz bevor Sie diese Reise nach Wien antraten, noch im Gefängnis waren, weil Sie, nachdem Sie für umgerechnet etwa zwei Millionen Euro Kaution auf freien Fuß gesetzt worden waren, verdächtigt wurden, einen Zeugen beeinflusst zu haben und erst auf Entscheidung des Obersten Gerichtshofes wieder auf freien Fuß gesetzt wurden?
Ich kann das nicht kommentieren. Es stimmt, dass ich bis vor kurzem im Gefängnis war, aber ich kann dazu nichts sagen. Aber ich bin jetzt hier in meiner Pflicht als Bürgermeister von Zagreb. Noch einmal: Die Menschen vergeben alles, außer Erfolg, das ist die Antwort auf Ihre Frage. Alles andere wird sich zeigen. Die Wahrheit ist langsam, aber ich muss geduldig sein. Wer geduldig ist, ist sicher.
In Wien sind dieses Jahr Wahlen. Würden Sie Michael Häupl gerne als Kollegen behalten?
Ich bin sicher, dass Doktor Häupl wieder gewinnen wird.