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Berufs- und Schulabschlüsse werden vergleichbar.
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Wien. Die Bildungsreform kommt doch in die Gänge. Das jedenfalls stellte Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek am Mittwoch in Aussicht. Das erste gemeinsame Paket der Koalitionspartner dazu werde "demnächst präsentiert". Auch beim Thema Schulverwaltung sei man "fast am Ziel", sagte die Ministerin. In letzter Zeit fielen SPÖ und ÖVP bei diesem Thema eher durch gegenseitige Vorwürfe auf und am Mittwoch hat der Nationalrat die Erstellung eines nationalen Qualifikationsrahmens (NQR) auf den Weg gebracht.
Zuletzt kritisierte etwa ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer den Vorschlag Heinisch-Hoseks, künftig in der Volksschule bis zur dritten Klasse in der Regel nur noch verbale Beurteilungen zuzulassen. Noten sollten die Ausnahme sein. Damit einhergehend soll auch das Sitzenbleiben faktisch abgeschafft werden. Jetzt sagt Heinisch-Hosek, man werde weiterhin sicherstellen, dass es auch Möglichkeiten zur Vergabe von Ziffernnoten geben wird.
Weit auseinander liegen ÖVP und SPÖ auch bei der Interpretation der Einigung beim Bildungsgipfel im vergangenen November zu den Bildungsdirektionen - also darüber, ob der Bund oder das Land für die Lehrer zuständig sein soll - ein zehnjähriger Dauerbrenner im Bildungsstreit.
Lehrer - Diener dreier Herren
Der Leiter der bildungspolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer, Michael Landertshammer, rät zur Beibehaltung des Status quo anstatt mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit eine Bund-Länder-Hybridbehörde zu schaffen. Wobei auch der Status quo nicht befriedigend ist, wie er vor Journalisten einräumte: "Eine Volksschullehrerin hat derzeit mit dem Bildungsministerium einen fachlichen Vorgesetzten, mit dem Landeshauptmann einen Dienstherren und arbeitet an einer Schule, die der Gemeinde gehört. Dass das überhaupt funktioniert, liegt an den Lehrern, die es gewohnt sind, sich um diese Dinge nicht zu kümmern und einfach zu arbeiten."
Ganz ärgerlich und geradezu "prohibitiv" ist für die Wirtschaftskammer die Beschränkung der Modellregionen für Gesamtschulen auf 15 Prozent der Schulen in einem Bundesland. "Damit lässt sich nicht sinnvoll in einer großen Region ein Projekt fahren", sagte Landertshammer. Er plädierte dafür, zumindest Vorarlberg die Chance zu geben, als ganzes Bundesland eine Modellregion einzurichten. "Dann hätte man wirklich die Möglichkeit, das zu analysieren." Vorarlberg hat die Gesamtschule bereits im Landtag beschlossen.
Dennoch gibt es aus Sicht der Wirtschaftskammer einen ersten richtig großen Schritt: Der Beschluss des nationalen Qualifikationsrahmens (NQR) sei ein Meilenstein. In diesen achtstufigen Qualifikationsrahmen werden künftig alle Berufs- und Bildungsabschlüsse eingeordnet. Damit werden sie international vergleichbar. Die Zuordnung einer Qualifikation zu einer Stufe bringt allerdings keine beruflichen oder schulischen Berechtigungen mit sich.
Das Gesetz regelt vor allem die Einrichtung der dafür zuständigen Gremien: eine NQR-Koordinierungsstelle, ein NQR-Beirat und eine NQR-Steuerungsgruppe. Diese Gremien werden die Einstufung regeln.
Laut Landertshammer soll künftig ein Lehrabschluss auf der Stufe 4 (von 8) eingeordnet werden und damit einem AHS-Abschluss gleichgestellt werden. Ein Meister soll einem Bachelor entsprechen (beides Stufe 6).
Dieser neue nationale Qualifikationsrahmen müsse erst noch mit Leben erfüllt werden - was ein bis zwei Jahre dauern könnte -, aber dann erwartet Landertshammer positive Effekte auf die Arbeitswelt. Dort würden Facharbeiter dringend gebraucht, aber die Zahl der Lehrlinge sei innerhalb weniger Jahre sehr stark auf nunmehr 80.000 zurückgegangen. Denn derzeit würden Eltern ihre Kinder lieber in eine höhere Schule schicken als sie eine Lehre abschließen zu lassen. Die neue Vergleichbarkeit der Qualifikationen könnte eine Lehre wieder attraktiver machen. Und die europaweit vergleichbaren Level würde eine sehr viel höhere Mobilität erzeugen.