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Dass die Digitalisierung uns das Leben erleichtert, ist unbestritten. Aber sie birgt auch erhebliche Risiken.
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Dass Verkehrssysteme und deren Analysen gut sind, um Verkehrsflüsse besser regeln zu können, steht außer Frage, ebenso diverse Produktionsketten oder sonstige Wirtschaftsobjekte. Doch mit dem Analysieren ist man schon viel weiter, als uns lieb sein sollte. Längst sind Gesundheitsdaten, Einkaufsgewohnheiten , Anrufverhalten und Aufenthaltsorte im Visier etlicher Maschinen, die gelernt haben, den Menschen scheinbar zu analysieren und Rückschlüsse auf das Gesamtbild einer Persönlichkeit zu liefern. Das Problem dabei ist die Auswertung der Daten: Wer zu bestimmten Zeiten lange telefoniert, könnte als depressiv eingestuft werden; ein schlechter Gesundheitszustand oder "ungesundes" Einkaufsverhalten könnten Versicherungen verteuern; und wer zur falschen Zeit am falschen Ort bei einer Demo war, wäre ohnehin verdächtig. Selbst versteckte Urintests auf der Toilette sind mittlerweile machbar - damit ließen sich Schwangerschaften frühzeitig feststellen, um mit einer Kündigung dem Mutterschutz und einer teuren Karenz zuvorzukommen.
All diese Tests dienen natürlich der Gesundheitsvorsorge, könnten aber auch anders verwendet werden. Kreditvergaben sind nicht nur durch Wohnsitz und Einkommen prüfbar. Die vielen Daten, die wir tagtäglich überall hinterlassen, werden von Firmen gekauft und weiterverkauft. Daraus wird ein großes Ganzes. Aber wenn der Mensch künftig ebenso messbar sein soll wie ein Objekt, dann war es das mit dem Dasein als Subjekt. Ein Subjekt ist nämlich auch Träger von Rechten und Pflichten - ein wesentlicher Unterschied zu Objekten.
Mittlerweile werten uns auch Privatunternehmen aus. Beim Staat konnte man noch halbwegs sicher sein, dass durch Checks and Balances ein Grundmaß an Sicherheit gewährt wird. Natürlich muss auch einiges im Verborgenen liegen. Würden Geheimdienste alles transparent machen, wären sie keine Geheimdienste. Doch bei privaten Marktmächten à la Google könnte einem schon angst und bang werden. Google ist längst nicht mehr nur eine Suchmaschine, sondern auch im militärischen und kartografischen Bereichen tätig. Manipulationen durch solche Unternehmen sind leicht möglich.
Das Internet und die vielen Helfer, die uns das Leben einfacher machen können, sind gut. Doch sollte man auch herkömmliche Kulturtechniken beherrschen und zum Beispiel auch eine normale Straßenkarten lesen können. Und alles nur bargeldlos zu kaufen, ist auch nicht immer sinnvoll - bei Barzahlungen verschuldet man sich nicht so leicht: Wenn nichts da ist, kann nichts ausgegeben werden (sollte so sein). Und ganz nebenbei weiß auch niemand, was man gekauft hat. Es gilt das Bewusstsein zu schärfen, ohne gleich in Verfolgungswahn zu verfallen. In der Offline-Welt entdeckt man zum Beispiel auch Cafés, die Google Maps gar nicht listet; oder man wird vielleicht auf ein Buch aufmerksam, das in einem Schaufenster liegt. Vielleicht schaltet man auch einfach nur einmal ab und genießt die Langeweile die, einen auf neue interessante Wege im Leben bringen kann. Und auf dem Weg dorthin lernt man vielleicht sogar noch die große Liebe kennen, ganz ohne algorithmische Auswertungen von Parship & Co.