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Der Mensch - ein Spieler

Von Alexandra Grass

Wissen

Diskussionsreihe Digitaler Humanismus: "Gamification" ist ein Werkzeug der Zeit.


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Von Anfang an hat das Spiel die Menschheit begleitet - um sich die Zeit zu vertreiben, um auszuprobieren, sich zu erholen, sich selbst kennenzulernen oder einfach nur Spaß zu haben. Spielen ist etwas grundsätzlich Menschliches und Ursprung unserer Natur, betonten Eugen Pfister, Historiker und Politikwissenschafter der Hochschule der Künste Bern, und Ruth Mateus-Berr von der Universität für angewandte Kunst in Wien, Montagabend im Rahmen der Diskussionsreihe Digitaler Humanismus zum Thema "Gamification". Obwohl das Spiel eine wesentliche Bedeutung für unsere Gesellschaft hat, haben wir die Fähigkeit dazu verlernt. Doch seit einiger Zeit kommt es zur Trendumkehr.

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Schon Aristoteles hat das Spiel als Erholung nach der Arbeit bezeichnet. Spätestens seit dem Buch des niederländischen Kulturhistorikers Johan Huizinga "Homo Ludens: Vom Ursprung der Kultur im Spiel", das 1938/39 erschienen ist, gilt das Spiel als gestaltende Kraft von Kulturen. Es ist neben dem Homo faber und dem Homo sapiens kulturelles Grundelement.

Ein Kinderphänomen

In vielen Kulturen und sozialen Schichten sei es länger normal gewesen, auch als Erwachsener zu spielen. Um die Industrialisierung herum wurde allerdings getrennt - "es ist zum Kinderphänomen geworden - befreit vom Zwang, dass es eine Funktion erfüllen muss", sagte Pfister. Wenn Erwachsene spielen, musste das immer einen Sinn haben. "Doch gerade das Sinnbefreite ist das Wichtige am Spielen." Und es kam zu einer Veränderung. Diese macht sich nicht nur am digitalen Markt mit einem Milliardengeschäft bemerkbar, sondern auch Brettspiele "sind wieder interessanter geworden", erklärt der Historiker.

Auch die Forschung hat nachgezogen und einen eigenen Studienzweig, die "Game Studies", etabliert. Nicht zuletzt hat die zunehmende Digitalisierung der Spielewelt in unserem Leben die Frage aufgebracht, wie man Spiele auch im Unterricht einsetzen kann. "Von der Schule wird verlangt, dass man auf die einzelnen Individuen eingeht", skizzierte Mateus-Berr, die auch als Lehrerin am Wiener Schulschiff tätig ist. Bei der Anwendung eines Spiels im Unterricht können die Kinder entsprechend ihrem Level über den eigenen Fortschritt selbst bestimmen. Dabei stelle sich wiederum die Frage, was letzten Endes beurteilt wird. Leistung und Spiel sei keinesfalls ein Widerspruch. Doch: "Es gibt keinen perfekten Lehrer und auch nicht das perfekte Bildungssystem. Sonst hätten wir es schon längst."

Die Belohnung ist kein unwesentlicher Punkt - doch dürfe man Spiele nicht auf Gewinnen oder Belohnung reduzieren, betonte Pfister, der Rollenspiele in die Diskussion brachte. Man müsse überall Spiel reinbringen. "Das bringt uns ein Selbstwirksamkeitsgefühl, das in der Arbeits- und Studienwelt verloren geht." Darin sieht er eine positive Chance von "Gamification" - übrigens ein Wort, das nicht aus der Forschung kommt, sondern aus dem Marketing.

Es braucht auch Regeln

Kein Spiel ohne Regeln. Sie sind in irgendeiner Form immer da - "auch wenn sie gebrochen werden", doch sie machen ein Spiel zu einer "in sich stimmigen Realität", so Pfister. Regeln geben zumeist auch vor, ob wir verlieren oder gewinnen. Immerzu zu gewinnen bringe Freude, doch "das Leben ist leider anders", erklärte Mateus-Berr. "Man muss auch das Verlieren lernen, denn das Leben ist nicht immer, dass wir alles schaffen und erfolgreich kooperieren", betont die Forscherin in der Diskussion.

Das Belohnungssystem ist nicht nur im Spiel, sondern auch im Alltag im Kommen. Im Gegensatz zu China, wo unter dem Deckmantel "Gamification" ein Bonus-Malus-System für Regeln entstanden ist, vergeben hierzulande Staat und Unternehmen als spielerische Lösung Bonuspunkte für bestimmte Verhaltensweisen. "Das wird ein Trend sein in der Zukunft", betonte Pfister. "Gamification" wird unseren gesellschaftlichen Alltag begleiten.

Doch das funktioniere noch nicht wirklich gut. Denn, "immer wenn ein Spiel von oben kommt, wird es nicht so gut angenommen", begründet der Historiker. "Wenn die intrinsische Motivation nicht vorhanden ist, funktioniert auch das Spiel nicht." Er sieht es als ein "Unterschätzen der Spieler, dass sie nur auf Belohnung aus sind." Die Diskussionsreihe ist eine Kooperation der Wienbibliothek im Rathaus, der "Wiener Zeitung" und der Universität für angewandte Kunst Wien.