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Der Ministerpräsident als erstes Opfer

Von Breda Ozim

Politik

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Belgrad - Der jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic hat allem Anschein nach neben den Wahlen auch seinen wohl treuesten Anhänger verloren: Momir Bulatovic. Berichte, wonach der 44-Jährige am Montag nach Bekanntwerden erster Ergebnisse der Präsidentenwahlen als jugoslawischer Ministerpräsidenten und Chef der montenegrinischen Sozialistischen Volkspartei (SNP) zurückgetreten ist, wurden vorerst freilich offiziell nicht bestätigt. Schon gar nicht in Belgrad. Vor elf Jahren gehörte Bulatovic zusammen mit seinem derzeit schärfsten Kritiker in Podgorica, dem nunmehrigen Präsidenten Milo Djukanovic, zur Führungsriege der "jungen und klugen Kommunisten" in der kleinen Teilrepublik, die dem damaligen Kommunistenchef Serbiens, Slobodan Milosevic, auch in Montenegro den Weg nach oben ebneten. Gegenüber den Parteigranden in Montenegro fand Bulatovic damals unmissverständliche Worte: "Es ist an der Zeit, abzutreten". Im Jahr darauf wurde er Präsident Montenegros, 1997 aber von seinem langjährigen Verbündeten Milo Djukanovic aus dem Amt gedrängt. Die Wege der beiden hatten sich bereits Monate zuvor getrennt. Bulatovic unterstützte 1996 während der massiven Oppositionsproteste in Serbien die Weigerung des Belgrader Regimes, die Kommunalwahlergebnisse anzuerkennen. Djukanovic hingegen wandte sich endgültig von Milosevic ab. In den darauf folgenden Jahren startete Bulatovic mehrere erfolglose Versuche, Djukanovic aus dem Sattel zu heben.

Noch am Sonntag war sich Bulatovic eines Wahlsiegs von Milosevic ganz gewiss. Seine Partei sammelte in Monenegro 180.000 Unterschriften für die Kandidatur. Parteiintern kennt man angeblich die wahren Gründe für das Rücktrittsangebot von Bulatovic. Er hätte Präsident Milosevic in Montenegro bis zu 200.000 Wählerstimmen sichern sollen. Dieses Ziel wurde klar verfehlt.