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Shuttle-Nachfolger soll 2011 starten und 2018 Astronauten zum Mond bringen. | Europäer wollen 2030 am Mars stehen. | Viele Probleme bei Langzeit-Missionen.
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Wien. Es war ein sonniger Morgen, als die "Columbia" am 1. Februar 2003 mit einem lauten Knall am Himmel über Texas explodierte. Die Trümmer der damals über 20 Jahre alten Raumfähre gingen in einem Korridor von 190 Kilometern nieder, die sieben Astronauten hatten keine Chance.
Die zweite Shuttle-Katastrophe nach der Explosion der "Challenger" im Jahr 1986 besiegelte zugleich das Ende des einstigen US-Prestigeprojekts, das die Erwartungen nur teilweise erfüllen konnte. Die Kosten pro Start waren auf 420 Millionen Euro explodiert, zudem stellten immer wieder technische Probleme - wie zuletzt das Abplatzen von Hitzeschutzkacheln - das gesamte Programm in Frage. 2008 wird daher die "Atlantis" in den Ruhestand geschickt, zwei Jahre später sollen die "Endeavour" und die am Montag aus dem All zurückgekehrte "Discovery" folgen. Sollte es zu einem weiteren schweren Zwischenfall kommen, könnte das endgültige Aus noch früher kommen. Um die drohende Lücke zu schließen, drückt die Nasa daher bei der Entwicklung der Nachfolger für die Raumfähren aufs Tempo.
2011 statt 2014 sollen die neuen Raumfahrzeuge mit dem etwas sperrigen Namen "Crew Exploration Vehicle" (CEV) erstmals abheben. Diese werden ein gänzlich anderes Konzept verfolgen als die Shuttles. Die Flugzeugform wird aufgegeben, statt dessen wird das bis zu zehnmal wiederverwendbare CEV wieder auf der Spitze einer Rakete sitzen. Dadurch würde sich beim Start lösender Isolierschaum keine Gefahr für den Hitzeschild darstellen. Dank dieser und anderer Maßnahmen ist das CEV laut Nasa zehnmal sicherer als das Shuttle.
"Apollo-Kapsel
auf Steroiden"
Mit einem Durchmesser von 5,5 Metern soll die "Apollo-Kapsel auf Steroiden", wie Nasa-Chef Michael Griffin das neue Raumfahrzeug unlängst bezeichnete, fast drei Mal größer als sein Urahn aus den sechziger Jahren sein und somit genug Platz für sechs Astronauten bieten. Dadurch ist das CEV auch in der Lage, jene Vision zu erfüllen die US-Präsident George W. Bush im Jahr 2004 ausgab: Der Mond, auf dem die Amerikaner zuletzt 1972 standen, soll wieder Priorität im Raumfahrtprogramm bekommen.
Nach einigen unbemannte "Pfadfinder"-Missionen soll 2018 wieder eine amerikanische Crew auf dem Erdtrabanten landen. Spätestens 2020 soll dort auch eine permanente Station errichtet werden. Mit dieser Vorgabe stieß Bush beim Nasa-Chef auf offene Ohren. "Wir haben seit Apollo schändlich wenig Fortschritt bei der Erforschung des Weltraums über den erdnahen Orbit hinaus gemacht", erklärte Griffin, der damit auch klar stellte, dass die Internationale Raumstation ISS nach ihrer Fertigstellung 2010 für die Nasa nur noch eine untergeordnete Rolle spielen wird.
Der Mond stellt für die USA aber auch ein Sprungbrett für eine bemannte Mars-Mission dar. Durch die Rückkehr zum Erdtrabanten will die Nasa zeigen, dass es möglich ist, die dort vorhandenen Ressourcen für einen längeren Aufenthalt fern der Erde zu nützen. Außerdem stellt der Mond ein ideales Trainingsquartier dar, um Abläufe und Technologien für eine Langzeit-Mission zu testen. Denn anders als bei einem Mars-Flug wäre die Crew bei einem Notfall in drei Tagen wieder zu Hause.
Göttin der Morgenröte
auf dem Weg zu Mars
Hochfliegende Weltraumpläne hat aber nicht nur US-Präsident Bush. Schon seit einiger Zeit bereitet die Europäische Weltraumorganisation (ESA) eine Erkundung des Sonnensystems vor. Schritt für Schritt wollen sich die Europäer dabei ebenfalls dem Mond und dann dem Mars nähern.
"Aurora" - nach der Göttin der Morgenröte benannt - ist der Name für das ambitionierte ESA-Programm. Für den ersten Schritt auf dem Weg zu Mond und Mars sind die Verträge mit der Raumfahrtindustrie schon unter Dach und Fach. 2007 soll ein Kleinsatellit testen, wie eine Kapsel mit Mars-Bodenproben unbeschädigt wieder in die Erdatmosphäre eintreten kann. Vier Jahre danach könnte "EXO-Mars" die biologische Umwelt auf dem Nachbarn der Erde erkunden. Gedacht ist dabei an einen Rover, der sich mehrere Kilometer weit fortbewegen kann. Bis 2014 wollen die Europäer dann die ersten Mars-Bodenproben ("Mars Sample Return") zur Erde bringen.
Durchdacht und entworfen sind die beiden Meilensteine: Sobald die Finanzierung gesichert ist, könnte 2024 ein bemannter Flug zum Mond starten, eine Generalprobe für die Mars-Mission. 2025 sollte ein unbemannter Mars-Flug dann testen, ob das Unternehmen machbar ist. Und zwischen 2030 und 2033 könnten schließlich die ersten ESA-Astronauten auf dem Mars stehen.
Sowohl die Nasa als auch die ESA kämpfen bei ihren Mars-Programmen aber noch mit den Schwierigkeiten eines so langen Raumflugs. Die Entfernung Erde-Mars beträgt selbst bei optimaler Konstellation der beiden Planeten zumindest 57 Millionen Kilometer. Ein solches Startfenster gibt es allerdings nur alle 26 Monate. Und selbst dann würde die Reisezeit mit derzeitiger Antriebstechnik fünf Monate betragen. Fünf hin, zwanzig für den Aufenthalt und fünf zurück - ergibt in Summe eine 30-Monate-Reise. Während dieser hätte die Besatzung mit Gleichgewichts- und Appetitstörungen zu kämpfen sowie mit Knochen- und Muskelschwund. Dazu kommen die starke kosmische Strahlung und die geringere Gravitation des Mars.
Die Liste der ungelösten technischen Probleme ist ungleich länger. "Klarerweise muss die Technologie hier extrem verlässlich sein", betont der Österreicher Norbert Frischauf, der bei der ESA die Technologiestrategie des Aurora-Programms mitgeplant hat. "Schließlich kann man bei Problemen nicht einfach wieder umdrehen." Strahlenschutz, mögliche Kollisionen mit Mikrometeoriten, Computerausfälle und das Design der Lebenserhaltungs- und Ernährungssysteme sind nur einige der Herausforderungen, die es zu lösen gilt, wobei letzteres die wahrscheinlich größte darstellt. Denn alles, was für die Dauer der Mission gebraucht wird, muss mitgeführt werden - und dafür braucht es ein perfektes Recycling-System.
Geldsorgen im All und
geschrumpfte Budgets
Gemeinsam ist beiden großen Weltraumorganisationen aber auch die Sorge ums Geld. Wobei es die Nasa mit einem Jahresbudget von 14,1 Milliarden Euro eindeutig leichter haben wird als die ESA (2,9 Milliarden). Aber allein für die Rückkehr zum Mond rechnet die Nasa mit Kosten von 86 Milliarden Euro. Und auch wenn beide Organisationen wieder mehr Geld für die Erforschung des Alls ausgeben - im Vergleich zu den goldenen Zeiten der Raumfahrt sind die Budgets deutlich geschrumpft. Standen der Nasa während des Apollo-Programms noch 4,4 Prozent des US-Haushaltes zur Verfügung, sind es heute magere 0,6 Prozent.