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Der monetäre Verfassungskarneval

Von Werner Kogler

Gastkommentare
Werner Kogler ist stellvertretender Klubobmann der Grünen.

Der Besitz von Bargeld soll weiterhin unbegrenzt möglich sein - das soll aber nicht in der Verfassung stehen.


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Die selbstentfachte, momentane Hysterie über die behauptete Abschaffung des Bargelds ist ein weiterer Schritt in Richtung Banalisierung der österreichischen Innenpolitik. Mit dem Ziel, dem Boulevard Futter und den RegierungspolitikerInnen mehr Auftritte zu verschaffen. Ausgelöst wurde das Ganze von den professionellen Omaschreckern in ÖVP und FPÖ, die nun sogar eine Verfassungsbestimmung für die Beibehaltung von Bargeld herbeikrakeelen, der Gipfel des vulgärpopulistischen Unsinns. Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem Österreich und Europa andere Sorgen haben.

Zuallererst und ganz klar: Selbstverständlich steht die Abschaffung von Bargeld nicht zur Debatte. Selbstverständlich soll der Besitz von Bargeld weiterhin unbegrenzt möglich sein. Es ist nachvollziehbar, dass die Bürgerinnen und Bürger bei diesen Thema besorgt reagieren, deshalb eignet es sich für die schwarzen Vulgärpopulisten, um Ängste zu schüren und zu polemisieren.

Um politisches Kleingeld zu wechseln, werden gezielt alle Themen vermischt: die Abschaffung der 500-Euro-Banknote sowie die Implementierung einer Obergrenze, ab der Zahlungen nur mehr im elektronischen Weg erfolgen sollen ("Bargeldobergrenze"). Die Einführung einer Bargeldobergrenze ist natürlich nicht gleichbedeutend mit einer Abschaffung von Bargeld. Wie oft werden von der Durchschnittsösterreicherin Rechnungsbeträge mit einer Höhe von mehr als 5000 Euro in bar bezahlt? Die Begrenzung des Zahlungsverkehrs in bar, etwa ab einer Höhe von 5000 oder 10.000 Euro, könnte jedoch, ebenso wie die Abschaffung der 500-Euro-Note, dazu beitragen Schwarzgeld, Schmiergeld, Geldwäsche, Terrorfinanzierung, Betrug und Korruption zu bekämpfen. Das ist zumindest die Ansicht internationaler ExpertInnen. Die Abschaffung der 500-Euro-Banknote liegt im Kompetenzbereich der Europäischen Zentralbank. Gleichzeitig ist die diese dazu verpflichtet, Bargeld bereitzustellen, ein Abgehen davon bedarf im EU-Rat Einstimmigkeit und ist allein schon deshalb realpolitisch ein Nullthema. Und wieder der Blick ins tägliche Leben: Wie viele 500er hat der Durchschnittsösterreicher in seinem Leben schon gesehen? Andererseits sind 30 Prozent des Banknotenumlaufs 500er-Scheine, wer die wohl braucht? Dem ganzen Treiben nicht genug reitet Staatssekretär Harald Mahrer als Don Quijote verkleidet mit einer währungspolitischen Vision in die Arena ein und ruft den ganzjährigen monetären Fasching aus: Mit der Einführung des Mahrer-Tausenders will er den Euro zur Weltwährung erheben. Herr Staatssekretär Mahrer, Herr Klubobmann Reinhold Lopatka, denken Sie daran: Die Amerikaner und alle anderen haben den 100er als höchste Banknote der Weltwährung im Börserl.

Fazit: Ja zum Bargeld und - nein, es soll nicht in der Verfassung stehen. Und jedenfalls Ja zur Bekämpfung von Schwarzgeld, Schmiergeld, Geldwäsche, Terrorfinanzierung, Betrug und Korruption. Und noch ein Nachsatz zum schwarzen Verfassungskarnevalisten: Die Stärke des Euros ist an die Stärke Europas gebunden. Daran sollte die Bundesregierung arbeiten. Momentan tut sie das Gegenteil.