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Der nächste Akt im Hypo-Drama

Von Kurt Bayer

Analysen

Analyse: Es gibt zwei Optionen, wie es mit der Bad Bank Heta weitergehen könnte.


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Die Abwicklung der Hypo ist bisher in zwei Akten geschehen: zuerst das Hypo-Sondergesetz vom Vorjahr, in dem nachrangige Hypogläubiger im Ausmaß von 890 Millionen Euro per Federstrich enteignet wurden, mit oder ohne Kärntner Garantien, sowie die Gründung der Bad Bank Heta.

Der zweite Akt war das vor wenigen Wochen verfügte Moratorium, mit dem die nunmehr mit der Abwicklung beauftragte österreichische Finanzmarktaufsicht (im Auftrag des Finanzministers) die Einstellung aller Zahlungen bis Mai 2016 verfügte, nachdem eine neuerliche Bewertung der Vermögenswerte der Heta eine weitere Lücke von bis zu acht Milliarden Euro als wahrscheinlich erscheinen ließ. Es geht dabei aber nicht nur um eine zeitliche Streckung, sondern de facto auch um eine sehr signifikante Mit-Beteiligung der Gläubiger an der Abwicklung.

Die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds haben den Gläubigerbanken bereits empfohlen, bis zu 50 Prozent ihrer Forderungen abzuschreiben. Dies könnte das Ausmaß des "Haircuts" der Gläubiger, also ihrer Verluste, beschreiben. Gleichzeitig hat Finanzminister Hans Jörg Schelling betont, dass es keinen Steuerzahler-Euro mehr für die Hypo/Heta-Abwicklung geben werde - eine wichtige Absichtserklärung, die jedoch keinesfalls zu 100 Prozent umgesetzt werden kann.

Alle Zuständigen schauten beim systemischen Versagen zu

Für Österreich stellt das Hypo-Desaster, wie ja sehr überzeugend im Griss-Bericht (und auch im Bericht des Rechnungshofes) festgestellt, den Beweis eines systemischen Staatsversagens (neben den kriminellen Aktivitäten) dar: Alle zuständigen Stellen haben zugeschaut, wie das Land Kärnten "seine" Bank in unsinnige Expansionsabenteuer am Balkan getrieben hat, wie Kärnten dies mit Landeshaftungen im zehnfachen Ausmaß seines Jahresbudgets unterstützt hat, wie kommerziell und gesellschaftlich sinnlose teure Projekte - teilweise ohne Sicherheiten - finanziert wurden, wie Investorengruppen sich bereichert haben, wie dilettantisch man mit dem später erkannten Problembereich der Bank einschließlich der Notverstaatlichung umgegangen ist - und wie daraufhin vier Jahre verstrichen sind, ohne eine sinnvolle Lösung zu suchen. Erst in den vergangenen beiden Jahren wurde erkannt, dass den Steuerzahlern nicht weitere Milliardensummen aufgebürdet werden können und eine endgültige Lösung (wie übrigens von der EU-Kommission schon länger eingefordert) anzustreben ist.

Die Frage, die die geplagten Steuerzahler dabei interessiert, ist nun, wie der dritte Akt gestaltet wird, wie die Zeit des Moratoriums genutzt wird, um das weiterhin bestehende Risiko der Steuerpflichtigen zu minimieren und den eingetretenen Schaden für den österreichischen Finanzmarkt in Grenzen zu halten.

Bei den Heta-Anleihenist Eile geboten

Zwei Optionen stehen zur Wahl: Erstens könnte sich Österreich auf die relevante EU-Richtlinie und das darauf basierende österreichische Gesetz berufen, die bereits eingeleiteten und die angekündigten Klagen über sich ergehen lassen und die (höchstwahrscheinlich sehr teuren) Urteile, die in den nächsten Jahren ergehen werden, zur Kenntnis nehmen und zahlen. Der Staat hat ja bereits erkleckliche Summen für das Klagsrisiko eingestellt, die aber wohl nicht ausreichen.

Die zweite Option besteht darin, dass der Finanzminister möglichst rasch mit den (größten) Gläubigern Kontakt aufnehmen könnte, mit dem Ziel, sie von Klagen abzubringen und sich auf einen von ihnen zu leistenden "Haircut" zu vergleichen. Dabei drängt die Zeit, denn noch befindet sich der größte Teil der Anleihen bei den ursprünglichen Gläubigern - und ist noch nicht von spezialisierten Instituten (Hedgefonds und anderen) zu einem stark diskontierten Preis aufgekauft worden. Das Geschäftsmodell letzterer Institutionen ist es nämlich, von einem "Haircut" betroffene Vermögenswerte aufzukaufen, dem Verkäufer Zeit und damit das Klagsrisiko zu ersparen und dann selbst auf der vollen Bezahlung der Schuld zu beharren - und dies auch gerichtlich durchzusetzen, wie man gut am Fall von Argentinien studieren kann. Das heißt: Mit den ursprünglichen Gläubigern gibt es noch eine, wenn auch schlechte, Verhandlungsoption, mit den Käufern dieser "Distressed Assets" keine. Daher ist Eile geboten, bevor sich ein Markt für die Heta-Anleihen entwickelt.

Wie gut die Chancen für Finanzminister Schelling sind, sich mit (den) Gläubigern zu einigen, kann man nicht vorhersagen, bevor es nicht versucht worden ist. Die bisherigen, halbherzigen Versuche, mit Bayern zu einem "Generalvergleich" (Zitat Ex-Finanzminister Michael Spindelegger) zu kommen, waren erfolglos. Spindeleggers Nachfolger Schelling würde ich hier mehr zutrauen, auch wenn der Unmut über Österreichs Vorgangsweise, mit Garantien versehene Anleihen per Gesetz beziehungsweise FMA-Verordnung nicht zu honorieren, groß ist.

Dennoch: Im Sinne der österreichischen Steuerzahler ist dem Finanzminister dringend zu empfehlen, diesen steinigen Weg zu gehen - und zwar rasch.

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Kurt

Bayer

ist Ökonom und war Board Director in Weltbank (Washington, D.C.) und EBRD (London) sowie Gruppenleiter im Finanzministerium.