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Von Matthias Nagl

Politik

Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer tritt ab. Eine erwartete Überraschung.


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Linz. Wie das mit angekündigten Überraschungen so ist, kam die Meldung letztlich trotzdem überraschend. Mit Josef Pühringer verlässt der nächste langjährige Landeshauptmann seinen Posten. Wann genau, ist noch offen. Sicher ist, dass Oberösterreichs Landeshauptmann am Donnerstag an die Öffentlichkeit treten wird. "Die Presse" vermeldete am Mittwoch zunächst Pühringers Rücktritt, laut ORF-Radio wird er lediglich den Zeitpunkt der Amtsübergabe an seinen designierten Nachfolger Thomas Stelzer verkünden. Die Partei selbst schwieg dazu.

Selten war über einen Politiker-Rücktritt im Vorfeld schon so viel bekannt wie jetzt bei Pühringer. Dass der Zeitpunkt des Rückzugs unweigerlich näher rückt, war klar. Zuletzt wurde in Linz angenommen, dass es in diesem Frühjahr so weit sein wird. Mit seinem aktuellen Stellvertreter Thomas Stelzer steht Pühringers Nachfolger schon seit geraumer Zeit fest. Nur das genaue Datum war noch offen.

22 Jahre an der Spitze

Seit knapp 22 Jahren steht der 67-Jährige nun an der Spitze des Landes. Ein Abgang am Höhepunkt der Macht ist ihm nicht vergönnt. Im Gegenteil. Pühringer führte die ÖVP bei der Landtagswahl im Herbst 2015 auf einen historischen Tiefstand von 36,4 Prozent. Es gibt aber auch eine andere Lesart des Wahlergebnisses: Diese besagt, dass Pühringers Popularität seiner Partei noch einmal Platz eins gerettet habe. Ohne Pühringer wäre die FPÖ schon an der ÖVP vorbeigezogen, so diese Theorie. Die ÖVP verlor jedenfalls mehr als zehn Prozentpunkte und war fortan massiv geschwächt.

Das brachte Pühringer in seiner letzten Amtszeit noch einmal eine neue, von ihm wenig geliebte Zusammenarbeit. Diesmal mit der aufstrebenden FPÖ. Er, der die Grünen 2003 auf dem Höhepunkt von Schwarz-Blau im Bund erstmals in eine Landesregierung holte und als eingefleischter Großkoalitionär gilt, musste Schwarz-Grün mangels Mehrheit beenden und holte die FPÖ erstmals auch in Oberösterreich an die Macht. Die Zusammenarbeit - in Oberösterreich gibt es wegen des Proporz-Systems keine Koalition - machte mit der Kürzung der Mindestsicherung bald österreichweit Schlagzeilen. Pühringer stand fest hinter diesem Beschluss, dennoch trug die Maßnahme klar die Handschrift der FPÖ.

Pühringers Einfluss in der Bundespolitik war stets groß, schien zuletzt aber etwas zu schwinden, wenngleich er im vergangenen Jahr als ÖVP-Chefverhandler am neuen Finanzausgleich führend beteiligt war. Die Wahlniederlage 2015 ging aber auch an seinem bundespolitischen Einfluss nicht spurlos vorüber. Der Regierungspartner FPÖ wird nach Pühringers Rücktritt jedenfalls mit einer weiter geschwächten ÖVP zu tun haben. Der Abstand zwischen den beiden Parteien hatte sich in Umfragen zuletzt immer weiter verringert.

Nachfolger im Erbfolgestreit

Auch das ungeklärte Abschiedsdatum des Landeshauptmanns machte seiner Partei zuletzt zu schaffen. Im vergangenen Sommer wurde ungeniert in aller Öffentlichkeit um die Machtverteilung für die Post-Pühringer-Ära gefeilscht. Mittendrin sein nunmehriger Nachfolger Thomas Stelzer. Er stritt mit Wirtschaftslandesrat Michael Strugl um das Finanzressort, das aktuell noch in Pühringers Hand ist. Strugl kommt aus dem Wirtschaftsbund, Stelzer aus dem ÖAAB. Letztlich fanden die beiden Kontrahenten unter Mediation von Pühringer eine salomonische Lösung. Damals meinten in der Landespartei einige, der Landeshauptmann habe dem Streit zu lange zugeschaut.

Nach Pühringers Abschied bekommt Stelzer das Finanzressort, Strugl dafür Wissenschaft und Forschung. Die mittelfristige Finanzplanung und das Budget wollen die beiden in Zukunft gemeinsam erstellen. Aufgrund dieser Lösung verzichtete Strugl auf seinen geplanten Wechsel in die Privatwirtschaft und wird nun wohl zum Stellvertreter Stelzers aufsteigen. Das Spannungspotenzial in der Landes-ÖVP wird durch diese Entscheidung unweigerlich zunehmen, schon alleine, weil zwei Personen mit Finanzfragen befasst sind.

Stelzer ist schon vor dem Amtsantritt geschwächt. Der verheiratete Vater von zwei Kindern, der am 21. Februar wohl gerade noch nicht als Landeshauptmann seinen 50. Geburtstag feiert, kann eine ÖVP-Bilderbuchkarriere vorweisen: Nach dem Jus-Studium zwei Jahre bei der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, von dort als Mitarbeiter in den ÖVP-Landtagsklub und weiter in die Bildungsabteilung des Landes. Als Mandatar kam er über den Linzer Gemeinderat in den Landtag. In beiden Häusern war er ÖVP-Fraktionsführer, dazu von 2001-2009 Landesparteigeschäftsführer.

In der Landesregierung sitzt Stelzer erst seit der Wahl 2015. Als Bildungsreferent musste er mit der FPÖ schon eine politische Niederlage einstecken. Die von ihm geforderte Deutschpflicht in Schulpausen bekam von der Bundesregierung eine Absage. Im Vergleich zu Pühringer wirkt er eher glatt und farblos. Nun kommt er in ein Amt, das man für gewöhnlich lange behält. Seit der ersten Wahl 1945 wird Stelzer erst der fünfte Landeshauptmann Oberösterreichs sein.