Zum Hauptinhalt springen

Der Nächste vor den IWF, bitte!

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

Währungsfonds-Mission ist in Bukarest - Beamtengehälter wohl wieder erhöht.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Bukarest/Washington. Eine neue Regierung, die mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) den Sparkurs nachverhandeln will: Diese Situation gibt es nicht nur in Griechenland, sondern auch in Europas Armenhaus Rumänien. Ein IWF-Sprecher bestätigte vor wenigen Tagen, dass sich gerade eine Delegation in Bukarest befindet, um mit dem designierten Regierungschef Victor Ponta auf dessen Wunsch über das Hilfsprogramm zu diskutieren. Über Ergebnisse wollte der Sprecher nicht spekulieren; auch ein Ende der Mission sei noch nicht absehbar.

Aus Rumänien selbst wurde hingegen schon am Sonntag ein erstes Entgegenkommen der Geldgeber signalisiert: Es gebe eine Vereinbarung, dass die Gehälter im öffentlichen Dienst auf ihr früheres Niveau angehoben werden, sagte ein Regierungsbeamter. Diese waren 2010 im Gegenzug für IWF-Hilfskredite um 25 Prozent gekürzt worden.

Das Aus nach nur 78 Tagen

Wie auch in Griechenland ist der Zorn in der Bevölkerung über den mittlerweile schon drei Jahre dauernden rigiden Sparkurs groß. Rumänien ist das zweitärmste Land in Europa; das durchschnittliche Einkommen liegt unter 400 Euro im Monat. Der Mindestlohn beträgt umgerechnet nur 160 Euro pro Monat. Das Land leidet unter einer massiven Abwanderung seiner jungen Bevölkerung.

Nach nur 78 Tagen war im April die Mitte-Rechts-Regierung des unabhängigen Premiers Mihai-Razvan Ungureanu gestürzt worden. Sie wollte mit Lohnkürzungen und Steuererhöhungen die Budgetmisere lösen. Zum Verhängnis wurde ihr dabei ein Misstrauensantrag der Sozialliberalen Union (USL). In dieser breit gefächerten - und als ebenfalls nicht sonderlich stabil geltenden - Allianz sind oppositionelle Kräfte wie die Sozialisten (PSD), Nationalliberalen (PNL) und Konservativen (PC) versammelt. Heute, Montag, soll eine Parlamentsabstimmung stattfinden, bei der sich eine Mehrheit hinter den linksgerichteten Premier Victor Ponta von der PSD stellen dürfte. Er hat den Sparkurs in der Vergangenheit scharf kritisiert und angekündigt, die "soziale Ungerechtigkeit" rückgängig machen zu wollen.

Der wahrscheinliche neue Finanzminister Florin Georgescu sagte in der Nacht auf Sonntag, die Vereinbarung mit dem IWF sei praktisch abgeschlossen. Zunächst würden die Beamtengehälter ab Juni um 8 Prozent steigen und schließlich wieder schrittweise um insgesamt 15 Prozent angehoben.

Rumäniens Aufholkurs und rasantes Wirtschaftswachstum kam 2008 nach dem Platzen einer Immobilien- und Kreditblase zu einem abrupten Ende. Die rumänische Landeswährung Leu ist schon seit fast fünf Jahren auf Talfahrt. Nachdem der IWF die Verhandlungen wegen des Scheiterns der Regierung auf Eis gelegt hatte, stürzte der Leu noch einmal ab und erreichte seinen bisherigen Minusrekord.

Ponta hat zwar angekündigt, an der IWF-Vereinbarung festhalten zu wollen. Es wird aber gemutmaßt, dass er einige langfristige Vorgaben, etwa Privatisierungen und das Ende staatlich diktierter Strompreise, ablehnen könnte. Der Währungsfonds hat eingeräumt, dass es einen begrenzten Spielraum für Lohnerhöhungen oder geringfügige Steuersenkungen gebe, ohne dass die Ziele verfehlt würden. Rumänien muss dieses Jahr ein Defizit von weniger als drei Prozent des BIP erreichen. Das Wachstum betrug 2011 zwar 2,5 Prozent, schon heuer könnte Rumänien aber wieder in die Rezession zurückfallen - besonders, wenn die Exporte in die Eurozone schwächeln.

Der Währungsfonds, die EU und die Weltbank haben dem Land für den Fall der Fälle im März 2011 rund 5 Milliarden Euro an Hilfe zugesagt.