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"Wenn ich spreche, wird er namenlos sein." Das sagte Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern bei der ersten Regierungssitzung nach dem verheerenden Attentat auf zwei Moscheen. Die Politikerin will dem Terroristen damit verwehren, was mitunter und in diesem Fall definitiv eines der Hauptmotive solcher Anschläge ist: den Ruhm und die Bekanntheit. Ardern hingegen sagt: "Nennt die Namen derer, die uns weggenommen wurden, und nicht den Namen dessen, der ihre Leben genommen hat. Er mag nach Bekanntheit getrachtet haben, aber wir in Neuseeland werden ihm nichts geben, nicht einmal seinen Namen."
Die Strategie, nach Anschlägen in Berichten nicht allein auf den Täter zu fokussieren, sondern stattdessen die Opfer in den Vordergrund zu holen, ist keine neue Forderung. Vor allem in Israel gibt es diese Tradition in den Medien schon länger, dort ist es üblich, dass die Opfer von Attacken noch einmal eine Stimme bekommen.
Ob das viel mehr als kurzfristig heilsame Kosmetik ist, ist aber leider fraglich. In einer Zeit, in der weniger die Veröffentlichung des Namens des Mörders ein Problem ist als vielmehr, dass im Netz ein abscheuliches Video von seiner Tat kursiert, ist Arderns Standhaftigkeit ehrenvoll, aber auch naiv. Man wird lernen müssen, auch die Nachbearbeitung einer solchen Tragödie im digitalen Zeitalter zu meistern - man kann es nicht den Tätern überlassen, die Technologie für ihre Zwecke auszunützen.