Libyen zeigt Schwächen des Bündnisses auf. | Mahnende Worte aus USA und Europa. | Spindelegger besucht Rebellen. | London/Tripolis. Sir David Richards widersprach seinem Admiral: Großbritannien könne den Libyen-Einsatz so lange fortsetzen, "wie wir uns entscheiden, es zu tun", meinte der Oberkommandierende der Gesamtstreitkräfte. Royal-Navy-Chef Mark Stanhope hatte hingegen zuvor gemeint, die britische Marine könne ihre Operation nicht länger als sechs Monate durchhalten, ohne anderswo zu sparen. Die Nato hat ihren Einsatz mit Gültigkeit ab dem 27. Juni um 90 Tage verlängert.
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Weil Stanhope im gleichen Atemzug die Außerdienststellung des Flugzeugträgers "Ark Royal" kritisierte, könnte man den Einwurf als Kritik an dem Sparkurs der britischen Regierung werten. Aber auch anderswo mehren sich die Stimmen, dass der Nato mit dem Libyen-Krieg ihre Grenzen aufgezeigt werden.
Harsche Worte fand vergangene Woche US-Verteidigungsminister Robert Gates: "Die mächtigste Militärallianz der Geschichte operiert erst elf Wochen gegen ein schwach bewaffnetes Regime in einem kaum besiedelten Land", meinte er, "trotzdem beginnt vielen Alliierten die Munition auszugehen, und sie rufen wieder einmal nach den USA, um das auszugleichen."
Aber nicht nur die Bomben, von denen in der Nacht auf Mittwoch wieder einige auf Gaddafis Hauptstadt Tripolis fielen, werden Mangelware, auch die Flugzeuge werden knapper. Norwegen hat bereits angekündigt, seine Kampfjets noch in diesem Monat zu reduzieren und im August den Einsatz zu beenden. Frankreich hat angedeutet, den einzigen an der Libyen-Mission beteiligten Flugzeugträger, die "Charles de Gaulle", im Herbst abziehen zu wollen. Von ihm aus werden bisher 30 bis 40 Prozent der Kampfeinsätze geflogen.
Ein Ersatz ist nicht in Sicht. Die USA werden wohl nicht dafür sorgen können, denn US-Präsident Barack Obama verspürt trotz seiner zurückhaltenden Linie schon jetzt Gegenwind im US-Kongress. Im Gefolge des Vietnam Krieges wurde 1973 die "War Powers Resolution" erlassen, wonach der Präsident dem Parlament über Kriegseinsätze Bericht erstatten muss. Nach 90 Tagen muss deren Fortsetzung vom Kongress autorisiert werden. Diese Frist endet an diesem Wochenende. Republikaner-Mehrheitsführer John Boehner forderte Obama schriftlich auf, bis Freitag zu erklären, auf welcher rechtlichen Basis er den Einsatz fortführen wolle. Die USA unterstützen die Mission logistisch und mit Aufklärungsdaten. Im Übrigen braucht auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am 20. Juli die Zustimmung seines Parlaments.
Die innenpolitischen Widerstände sind wohl ein Grund für die Wortmeldung von Pentagon-Chef Gates. Die Beschwerden über das mangelnde Engagement der Verbündeten sind allerdings nicht neu. Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass die USA heute 75 Prozent der Bündnisausgaben tragen, während es im Kalten Krieg nur 50 waren. Nur fünf der 28 Mitgliedsländer wenden zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für das Militär auf - neben USA, Frankreich und Großbritannien sind das Albanien und Griechenland.
Italien will aussteigen
Dementsprechend warnt Gates vor einer "zweigeteilten Allianz" - die einen, die für die Kampfeinsätze zuständig sind, und die anderen, die nur bei humanitären Einsätzen mitmachen wollen.
Mit Fortdauer der Kämpfe wächst aber die Lust bei manchen Verbündeten, von der einen auf die andere Seite zu wechseln. So meinte Italiens Innenminister Roberto Maroni am Mittwoch, man solle sich an der Blockade der US-Abgeordneten ein Beispiel nehmen und die Ausgaben für den Einsatz stoppen. Die Bomben würden nur neue Flüchtlinge nach Italien treiben, sagte der Lega-Nord-Minister.
Für ein anderes politisches Signal will Österreichs Außenminister Michael Spindelegger sorgen. Er reist am Sonntag in die Rebellen-Hochburg Bengasi und trifft sich dort mit dem Übergangsrat. In seinem Flugzeug wird er Medikamente und Chemikalien für die Wasseraufbereitung mitführen.