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BP will sich neu positionieren und die USA befrieden. | Millionenverlust im zweiten Quartal. | London/Wien. Jetzt ist es also offiziell. Tony Hayward muss gehen. "Die Tragödie der Explosion und die folgenden Umweltschäden waren für BP ein Wendepunkt in der Konzerngeschichte", liest BP-Aufsichtsratchef Carl-Henric Svanberg bei Bekanntgabe der Entscheidung aus einem vorbereiteten Statement vor. Das Unternehmen bleibe stark und verfüge weiterhin über gute Assets. "Doch es wird künftig ein anderes Unternehmen sein und braucht daher eine neue Führung."
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Mit diesen Worten wird nun Tony Hayward als CEO verabschiedet. Nun wird er, wie berichtet, gegen den gebürtigen Amerikaner Robert Dudley ausgetauscht.
Haywards Name ist in den USA inzwischen gleichbedeutend mit der Ölkatastrophe vor dem Golf von Mexiko, und der Brite hat es mit unbedachten Aussagen zudem geschafft, die ohnedies erzürnten Amerikaner noch mehr gegen sich aufzubringen. US-Präsident Barack Obama ließ sich sogar zu der Aussage hinreißen, er hätte Hayward schon längst gefeuert.
Der Verleser des Eingangsstatements, Carl-Henric Svanberg, bleibt auf seiner Position. Und das, obwohl auch er inzwischen unter Beschuss gekommen ist, nachdem er die betroffene Bevölkerung an der Küstenregion die "kleinen Leute" genannt hat. Doch der Aufsichtsrat hätte ihn nicht gebeten zurückzutreten und er habe auch nicht vor zu gehen, so Svanberg.
Gestern, Dienstag, wurden auch die Zahlen für das zweite Quartal von BP veröffentlicht - mit dem ersten Quartalsverlust seit 1992. Denn diese drei Monate (von April bis Juni) waren von der Explosion auf der Bohrinsel am 20. April geprägt, das Loch ist noch immer nicht gestopft, die ersten seriösen Schätzungen des finanziellen Schaden sind allerdings vorhanden. Damit verbuchte der Konzern in seiner Bilanz einen Verlust von 17,1 Milliarden Dollar - und zwar vor allem aufgrund der Rückstellungen von 32,2 Milliarden Dollar für drohende Schadenersatzzahlungen aufgrund der Explosion. Im ersten Quartal hat der Konzern noch einen Gewinn von 6,1 Milliarden Dollar bekannt gegeben. Die britische Zeitung "The Guardian" rechnete hoch, dass BP von diesem Verlust 10 Milliarden Dollar von der Steuer abschreiben kann.
Doch jetzt bekommt der Konzern ein freundliches US-Antlitz aus dem Mississippi-Gebiet. Robert Dudley ist der erste Nicht-Brite auf dem Chefsessel von BP.
Dudley gilt als diplomatisch und hat von Anfang an tiefe Betroffenheit ob der Katastrophe gezeigt. Er will in seiner ersten Amtshandlung Obama anrufen und versichern, dass der Golf oberste Priorität habe.
PR nun Hauptgeschäft
Im Unterschied zu dem studierten Geologen Hayward hat Dudley seinen Abschluss in Betriebswirtschaftslehre gemacht. "Welchen Typ Manager ein Unternehmen braucht, hängt davon ab, in welcher Phase sich ein Konzern befindet", erklärt Karl Rose, der bis Anfang 2010 Chef-Stratege bei dem Ölkonzern Royal Dutch Shell war. "Hayward war sehr gut darin, BP zu reorganisieren. Er hat intern viel Arbeit geleistet. Aber nun braucht es jemanden, der extern agiert", so Rose im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Nach der Katastrophe im Golf werden "PR-Agenden noch jahrelang das Hauptgeschäft der Firmenleitung bleiben."
Rose geht davon aus, dass BP, dessen Aktienkurs seit Mai um 40 Prozent gefallen ist, in den nächsten Monaten einige seiner Öl- und Gasfelder verkaufen wird, um sich gegen den Verlust abzusichern. Eine Übernahme durch einen anderen Konzern hält Rose für unwahrscheinlich. "Ein signifikanter Anteil der britischen Öl-Infrastruktur gehört BP. London würde meiner Meinung nach einen Verkauf nicht zulassen."
Die wichtigsten Gebiete für BP sind die USA und Russland. Nach Russland durfte Dudley übrigens seit 2008 nicht mehr einreisen. Der damalige Präsident Wladimir Putin warf Dudley, seinerzeit Chef des russischen Joint-Ventures TNK-BP, wegen Unstimmigkeiten aus dem Land. Doch seine früheren russischen Partner lassen bereits erkennen, dass sie den alten Streit vergessen wollen.