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Washington - George W. Bush ist noch nicht einmal im Amt, da muss sich der künftige Präsident der Vereinigten Staaten schon mit der Beschaffung von Mehrheiten herumschlagen: Wenn am kommenden Mittwoch der neue US-Kongress in Washington seine Arbeit aufnimmt, beginnt für den Republikaner das Tauziehen um die Durchsetzung seiner politischen Vorhaben.
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Zwar sind mit dem Wahlsieg des Gouverneurs von Texas das Weiße Haus und der US-Kongress erstmals seit 48 Jahren wieder gleichzeitig in republikanischer Hand. Doch die Mehrheiten sind so knapp, dass dem designierten US-Präsidenten das Regieren schwer fallen dürfte.
Dabei bläst Bush der Wind auch aus den eigenen Reihen ins Gesicht. Die bei den Wahlen unterlegenen Demokraten schielen zudem bereits auf die nächsten Kongresswahlen im Jahr 2002 und könnten theoretisch die von Bush geplante Politik der nationalen Einheit blockieren.
Spätestens zur Hälfte seiner Amtszeit muss sich Bush an seiner Arbeit messen lassen: Im Jahr 2002 werden die 435 Kongressabgeordneten und ein Drittel des Senats schon wieder neu bestimmt. Zudem könnten sich einige Senatoren aus Altersgründen zurückziehen. Bushs Pläne einer parteiübergreifenden Regierung der nationalen Einheit stoßen zudem bei konservativen republikanischen Politikern auf wenig Gegenliebe. Bush werde nicht nur mit den Rechtsauslegern seiner eigenen Partei Probleme bekommen, meint der Politologe Eric Davis vom Middlebury College. Auch diejenigen Demokraten dürften ihm das Leben schwer machen, die glaubten, "den Kongress in zwei Jahren zurückerobern zu können".
Im neuen Senat, der für die Außenpolitik ebenso zuständig ist wie für die Bestätigung von Ministern und Richtern, herrscht künftig ein Verhältnis von 50 zu 50. Bei Kampfabstimmungen sticht dann die Stimme des künftigen Vizepräsidenten Dick Cheney. Im Repräsentantenhaus, das den Geldsäckel der Regierung kontrolliert, führen die Republikaner mit 221 der insgesamt 435 Sitze. Sie sehen sich daher in der Mehrheit und verweigern den Demokraten die Beteiligung an der Macht in den Ausschüssen. Die Partei des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Al Gore könnte im Gegenzug die Arbeit des Senats in den kommenden zwei Jahren blockieren.
Bush hatte deutliche Steuersenkungen und die Reform von Erziehungssystem und Streitkräften versprochen. Durch die Mehrheitsverhältnisse im Kongress könnte er dazu gezwungen werden, seine Pläne deutlich zurückzuschrauben. Davis gibt denn auch nur "kleinen, schrittweisen Veränderungen in der Steuerpolitik", in der Kostenerstattung für Medikamente sowie im Bereich der Erziehungspolitik Chancen auf Erfolg. Die im Wahlkampf versprochenen Steuererleichterungen in Milliardenhöhe "sehe ich nicht den Kongress in seiner Zusammensetzung ab 3. Jänner passieren", sagt der Politikwissenschaftler.
Der künftige Präsident dürfte zudem stets im Hinterkopf haben, dass er seinen Sieg dem US-Wahlsystem zu verdanken hat: Nach Wählerstimmen war nämlich sein demokratischer Rivale Gore Sieger der Präsidentschaftswahl. Der Republikaner errang im Dezember nach wochenlangem Rechtsstreit die entscheidenden 25 Wahlmännerstimmen im Bundesstaat Florida mit hauchdünner Mehrheit. "Ein derart knapper Sieg bedeutet, dass keiner das erreichen wird, was er sich vorgenommen hat", sagt der republikanische Wahlkampfstratege John Czwartacki.
Die ersten Prüfungen für Bush stehen unmittelbar bevor. Nach dem angekündigten freiwilligen Ausscheiden einiger US-Verfassungsrichter ist die Ernennung ihrer Nachfolger eine delikate Aufgabe für den Republikaner: Der Senat muss die meist nach Parteienproporz erfolgenden Richter-Ernennungen absegnen und nach Einschätzung von Davis dürfte dies vor allem für konservative Kandidaten auf einen Sitz am Supreme Court schwierig werden.
Ungemach droht auch aus den eigenen Reihen: Bushs ehemaliger Rivale um die Präsidentschaftskandidatur, der Senator John McCain, will mit Beginn der Legislaturperiode am Mittwoch die Parteienfinanzierung reformieren. Bush-Vertraute signalisierten bereits, dass der neue Präsident sein Veto gegen das Vorhaben in seiner jetzigen Form einlegen wird.