Barack Obama ist der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika - der Präsident der Hoffnung und des Wandels. Heißt das, dass das Ende des Irak-Einsatzes tatsächlich absehbar ist? Ja. Heißt das, dass die USA jetzt jeglicher Gewalt abschwören werden? Natürlich nicht.
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In den letzten 80 Jahren hat es gerade einmal zwei Präsidenten gegeben, unter denen die USA nicht in einen militärischen Konflikt involviert waren. Die Vereinigten Staaten weisen eine beeindruckende Kontinuität in der Außenpolitik auf. Etwas, was Obama schon in seiner Antrittsrede erklärt: Auch in schlechten Zeiten habe sich Amerika bewährt - "nicht allein wegen der Vision derer, die das höchste Amt bekleideten, sondern vor allem weil wir, das Volk, unseren Werten und Idealen treu geblieben sind." Diese Ideale werde man niemals aufgeben.
In der Außenpolitik gibt es keine Freunde, sondern Interessen; und die ihrigen verteidigen die USA natürlich ebenso wie ihre Ideale - gegebenenfalls eben mit Waffengewalt. Dass das heute wie früher gilt, hat Obama ebenfalls gezeigt, indem er die amerikanischen Kämpfer vergangener Schlachten gewürdigt hat: in der Normandie, in Vietnam oder auch im Unabhängigkeitskrieg. Genauso hat er die US-Soldaten geehrt, die derzeit überall auf der Welt im Einsatz sind.
"Carrots and sticks", Zuckerbrot und Peitsche, war unter der Regierung Bush das Schlagwort für die Strategie, mit der man den Iran - und andere - in die gewünschte Richtung treiben wollte. Sehr nach Zuckerbrot und Peitsche klangen auch die außenpolitischen Teile von Obamas Inaugurationsansprache. Da war einerseits davon die Rede, dass "Amerika der Freund jeder Nation ist, jedes Mannes, jeder Frau und jedes Kindes, wenn sie ein Leben in Frieden und Würde leben wollen". Andererseits erging eine klare Botschaft an Terroristen und Feinde des Friedens: "Ihr werdet uns nicht überdauern, denn wir werden euch besiegen."
Zuckerbrot und Peitsche - wenn auch nicht im martialischem Sinn - erging wohl an die Adresse Chinas, als Obama sich an jene wandte, die ihre Regierung auf Betrug und Unterdrückung abweichender Meinung bauen. Sie stünden "auf der falschen Seite der Geschichte" - diesen Ausdruck hatte zuletzt Ex-Präsident Bill Clinton verwendet, als er die Menschenrechtssituation in der Volksrepublik anprangerte.
Auch hier gibt es bei richtigem Verhalten Licht am Ende des Tunnels: "Wir werden euch unsere Hand reichen, wenn ihr bereit seid, eure Faust zu öffnen."
Was man hingegen hoffen (oder fürchten) darf, ist, dass Obama auf der Suche nach neuen Partnern ist und nach Auffrischung alter Seilschaften trachtet, wenn er von der Notwendigkeit "belastbarer Allianzen" spricht. Was natürlich bei aller erfreulichen Kooperation auch eine Partnerschaft im Krieg bedeuten kann.
Dennoch ist Obama offenbar gewillt, die Zahl der Einsätze so gering wie möglich zu halten, denn unsere "Macht wächst durch behutsamen Einsatz sogar noch". "Amerika wird seine Rolle dabei übernehmen, dieser neuen Ära des Friedens den Weg zu bahnen", sagte Obama und kann hoffentlich diesen guten Vorsatz einhalten. Schnell können nämlich ein paar außerordentliche Ereignisse auf einen völlig anderen Weg führen. Selbst der heute als Kriegstreiber geschmähte George W. Bush hatte seine erste Präsidentschaft mit dem Versprechen begonnen, der "Präsident des Friedens" sein zu wollen.
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